Hallo,
Gibt es von Rainer Maria Rilke ein Gedicht "Das Oktogon" und wo finde ich es? AI behauptet, das gibt es, aber ich kann es nirgends finden. Ich würde zu gerne wissen, was in dem Gedicht steht.
Charlotte
Gedicht gesucht "Das Oktogon " von R.M. Rilke
Gedicht gesucht "Das Oktogon " von R.M. Rilke
"Du musst das Leben nicht verstehen. Dann wird es werden wie ein Fest." (Rainer Maria Rilke)
Re: Gedicht gesucht "Das Oktogon " von R.M. Rilke
Guten Morgen!
Von Ernst Jandl.
Von Ernst Jandl.
Re: Gedicht gesucht "Das Oktogon " von R.M. Rilke
Das ist ja ganz etwas Anderes.
Und worum geht es in dem Gedicht?
Wo finde ich es?
LG, Charly
Und worum geht es in dem Gedicht?
Wo finde ich es?
LG, Charly
"Du musst das Leben nicht verstehen. Dann wird es werden wie ein Fest." (Rainer Maria Rilke)
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- Beiträge: 53
- Registriert: 30. Jan 2005, 17:30
Re: Gedicht gesucht "Das Oktogon " von R.M. Rilke
Liebste Charlotte,
nicht verzagen, Trakl fragen! Hier ist das Gedicht - in voller Pracht, wie es im Nachlasse von Kippenberg - allerdings erst 2007 - per Zufall entdeckt und dem Deutschen Literaturarchiv übereignet wurde, wo es sich bis heute in der Obhut gestrenger Germanisten unter Verschluss befindet (vielleicht auch wegen des orthographischen Fehlers im Titel?). Nun also, ich will Sie nicht länger auf die Folter spannen ...
Das Oktogon
Was sich entfaltet, Form gewinnt im Raume,
nicht Kreis noch Viereck, fern dem einfach' Traume.
Ein Achteck, das sich in sich selbst verschlingt,
und doch aus jeder Ecke Neues bringt.
Es ist nicht Schicksal, das dich fest umgibt,
doch eine Ahnung, die dich tiefer liebt.
Die acht Gesichter, jedes ein Verzicht
auf eine Grenze, die im Licht zerbricht.
Vier Paare, die sich zärtlich überkreuzen,
und in der Mitte einen Atem reizen.
Dort, wo die Winkel sich zur Ruhe neigen,
beginnt ein Ruf - uraltes Schweigen.
Ein Ruf, der nicht gehört wird von dem Lärm,
der uns umfängt, so ungestüm, bis ins Gedärm.
Manchmal, im Dämmerlicht, wenn Schatten kriechen,
kann man es ahnen, wie aus alten Griechen
ein Geist herübergleitet, unberührt
vom neuen Tag, der uns so jäh verführt.
Das Oktogon, ein Tor zu andrer Zeit,
wo Einheit sich aus Vielheit breit'.
Es hält die Spannung, die das Sein benennt,
ein jeder Punkt, der sich zum Kern hinwend't.
Und doch ist es kein fester Stein allein,
es ist ein Tanz, ein leises Irre-Sein.
Ein Aufbruch stets, der sich im Kreis vollendet,
ein Ziel, das sich im neuen Anfang spendet.
So baut der Mensch, aus innerstem Verlangen,
dies Formgebilde, das ihn einst umfangen
im Mutterschoß, im ersten Raum der Welt,
wo alles noch in sich gefaltet hält.
So stehst du da, du stilles Achteck, rein,
ein Zeugnis dessen, was einst durfte sein.
Ein Spiegel für die Seele, tief und klar,
die unentwegt ihr wahres Bild gebar.
Du bist das Maß, das sich nicht messen lässt,
ein ew’ger Aufstieg, der die Seele presst
ins Formenkleid, das sie einst abstreift, leicht,
wenn auch die letzte Hülle von ihr weicht.
Und wenn die Augen müde sind vom Schauen,
von all dem Eitlen, dem wir doch vertrauen,
dann bleibt dein Bild, ein leiser Widerhall,
in unserm Innern, wie ein tiefer Fall
in das, was ist, was bleibt, was nie vergeht.
Das Oktogon, das in uns aufersteht.
Ein ew’ges Zeichen, das sich nicht verliert,
wenn alles Äußre uns betrübt und irrt.
Das war's! Mit den besten Rilkologen-Grüßen an Sie, Charlotte, und das Forum
Georg Trakl jun.
nicht verzagen, Trakl fragen! Hier ist das Gedicht - in voller Pracht, wie es im Nachlasse von Kippenberg - allerdings erst 2007 - per Zufall entdeckt und dem Deutschen Literaturarchiv übereignet wurde, wo es sich bis heute in der Obhut gestrenger Germanisten unter Verschluss befindet (vielleicht auch wegen des orthographischen Fehlers im Titel?). Nun also, ich will Sie nicht länger auf die Folter spannen ...
Das Oktogon
Was sich entfaltet, Form gewinnt im Raume,
nicht Kreis noch Viereck, fern dem einfach' Traume.
Ein Achteck, das sich in sich selbst verschlingt,
und doch aus jeder Ecke Neues bringt.
Es ist nicht Schicksal, das dich fest umgibt,
doch eine Ahnung, die dich tiefer liebt.
Die acht Gesichter, jedes ein Verzicht
auf eine Grenze, die im Licht zerbricht.
Vier Paare, die sich zärtlich überkreuzen,
und in der Mitte einen Atem reizen.
Dort, wo die Winkel sich zur Ruhe neigen,
beginnt ein Ruf - uraltes Schweigen.
Ein Ruf, der nicht gehört wird von dem Lärm,
der uns umfängt, so ungestüm, bis ins Gedärm.
Manchmal, im Dämmerlicht, wenn Schatten kriechen,
kann man es ahnen, wie aus alten Griechen
ein Geist herübergleitet, unberührt
vom neuen Tag, der uns so jäh verführt.
Das Oktogon, ein Tor zu andrer Zeit,
wo Einheit sich aus Vielheit breit'.
Es hält die Spannung, die das Sein benennt,
ein jeder Punkt, der sich zum Kern hinwend't.
Und doch ist es kein fester Stein allein,
es ist ein Tanz, ein leises Irre-Sein.
Ein Aufbruch stets, der sich im Kreis vollendet,
ein Ziel, das sich im neuen Anfang spendet.
So baut der Mensch, aus innerstem Verlangen,
dies Formgebilde, das ihn einst umfangen
im Mutterschoß, im ersten Raum der Welt,
wo alles noch in sich gefaltet hält.
So stehst du da, du stilles Achteck, rein,
ein Zeugnis dessen, was einst durfte sein.
Ein Spiegel für die Seele, tief und klar,
die unentwegt ihr wahres Bild gebar.
Du bist das Maß, das sich nicht messen lässt,
ein ew’ger Aufstieg, der die Seele presst
ins Formenkleid, das sie einst abstreift, leicht,
wenn auch die letzte Hülle von ihr weicht.
Und wenn die Augen müde sind vom Schauen,
von all dem Eitlen, dem wir doch vertrauen,
dann bleibt dein Bild, ein leiser Widerhall,
in unserm Innern, wie ein tiefer Fall
in das, was ist, was bleibt, was nie vergeht.
Das Oktogon, das in uns aufersteht.
Ein ew’ges Zeichen, das sich nicht verliert,
wenn alles Äußre uns betrübt und irrt.
Das war's! Mit den besten Rilkologen-Grüßen an Sie, Charlotte, und das Forum
Georg Trakl jun.