Der Schutzengel-biografischer Hintergrund?

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

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KleineBlüte
Beiträge: 1
Registriert: 3. Nov 2010, 22:26

Der Schutzengel-biografischer Hintergrund?

Beitrag von KleineBlüte »

Hallo liebe Forumler,

würde gerne ein paar Hintergrunddetails zu "Der Schutzengel" wissen.

Wann wurde das Gedicht verfasst, hat Rilke einen persönlichen Bezug (meinetwegen:glaubte er an Engel, warum glaubte er an Engel? Kann man etwas Hineininterpretieren, was zu erkennen ist, wenn man bestimmte biografische Fakten weiss? Hat das Gedicht einen Bezug auf etwas bestimmtes, wollte Rilke etwas darin verarbeiten? Bsp. Kafka-"die Heimkehr"---schlechtes Verhältnis zu seinem Vater, "Gegendarstellung" zum Gleichnis "der verlorene Sohn")

Fragen über Fragen, wenn einer von euch Informationen zu diesem Gedicht hat, wäre ich dankbar :)

Viele Grüße,

KleineBlüte
Harald
Beiträge: 230
Registriert: 28. Dez 2005, 23:47

Re: Der Schutzengel-biografischer Hintergrund?

Beitrag von Harald »

Es ist immer nützlich, wenn die Forumsmitglieder vor Augen haben, was dich gerade beschäftigt:

Der Schutzengel

Du bist der Vogel, dessen Flügel kamen,
wenn ich erwachte in der Nacht und rief.
Nur mit den Armen rief ich, denn dein Namen
ist wie ein Abgrund, tausend Nächte tief.
Du bist der Schatten, drin ich still entschlief,
und jeden Traum ersinnt in mir dein Samen, -
du bist das Bild, ich aber bin der Rahmen,
der dich ergänzt in glänzendem Relief.

Wie nenn ich dich? Sieh, meine Lippen lahmen.
Du bist der Anfang, der sich groß ergießt,
ich bin das langsame und bange Amen,
das deine Schönheit scheu beschließt.

Du hast mich oft aus dunklem Ruhn gerissen,
wenn mir das Schlafen wie ein Grab erschien
und wie Verlorengehen und Entfliehn, -
da hobst du mich aus Herzensfinsternissen
und wolltest mich auf allen Türmen hissen
wie Scharlachfahnen und wie Draperien.

Du: der von Wundern redet wie vom Wissen
und von den Menschen wie von Melodien
und von den Rosen: von Ereignissen,
die flammend sich in deinem Blick vollziehn, -
du Seliger, wann nennst du einmal Ihn,
aus dessen siebentem und letztem Tage
noch immer Glanz auf deinem Flügelschlage
verloren liegt ...
Befiehlst du, dass ich frage?

Das Gedicht hat Rilke am 24.7.1899 in Berlin-Schmargendorf verfasst, 1902 wurde es veröffentlicht.
Warum "Hineininterpretieren", versuche doch lieber etwas herauszubekommen aus dem Gedicht. Was erfährst du über das lyrische Ich, was über das Schutzengel-Du? Was sagen dir die sprachlichen Bilder?
Wenn dieses Gedicht schon "geknackt" wäre, wenn wir wüssten, dass Rilke dabei an Graf Cox von Veilchenblau oder Euphrosine Schmachtleben dachte, dann ginge es uns herzlich wenig an.
... und Anfang glänzt / an allen Bruchstelln unseres Mißlingens
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