Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Verehrte Anwesende! grüß Sie. Darf ich Sie bitten, ein Frage zu antworten? Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen" (http://www.rilke.de/gedichte/auferstehung.htm)? In welchem Buch kann ich es finden? Es steht geschrieben:
Rilke bietet in einem Brief an Hedwig von Boddien vom 10. 8. 1913 eine seiner sehr seltenen Interpretationen: »Was das Gedicht ›Auferstehung‹ angeht, so bedenke ich, es mochte wohl gemeint gewesen sein, daß Erich und Ulrike-Dorothee<,> Geschwister der dreizehn Söhne, nur die am jüngsten Verstorbenen waren: was ihnen den Vortritt sichert; daß sie warten lassen, liegt an dem Umstande, daß sie nicht im Erbbegräbnis ruhen, sondern in unruhigen Zeiten in Flandern, wo der Tod sie antrat, in einer Kirche beigesetzt wurden; so weckt sie also auch der Vater nicht, sie haben allein aufzuerstehen, sicher finden sie sich nicht gleich darein aus ihrem still-hingenommenen Schlaf und haben, kindhaft gleichmütiger und erstaunter, auch nicht den Eifer der Erwachsenen zu der neuen, strahlenden Wendung ihres Da- oder Drübenseins«.
KA I S. 945-946 (http://books.google.com/books?id=7wJcAA ... Boddien%22)
Voraus dank.
Liebe Grüße
Dasha
Rilke bietet in einem Brief an Hedwig von Boddien vom 10. 8. 1913 eine seiner sehr seltenen Interpretationen: »Was das Gedicht ›Auferstehung‹ angeht, so bedenke ich, es mochte wohl gemeint gewesen sein, daß Erich und Ulrike-Dorothee<,> Geschwister der dreizehn Söhne, nur die am jüngsten Verstorbenen waren: was ihnen den Vortritt sichert; daß sie warten lassen, liegt an dem Umstande, daß sie nicht im Erbbegräbnis ruhen, sondern in unruhigen Zeiten in Flandern, wo der Tod sie antrat, in einer Kirche beigesetzt wurden; so weckt sie also auch der Vater nicht, sie haben allein aufzuerstehen, sicher finden sie sich nicht gleich darein aus ihrem still-hingenommenen Schlaf und haben, kindhaft gleichmütiger und erstaunter, auch nicht den Eifer der Erwachsenen zu der neuen, strahlenden Wendung ihres Da- oder Drübenseins«.
KA I S. 945-946 (http://books.google.com/books?id=7wJcAA ... Boddien%22)
Voraus dank.
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Dasha
so leben wir und nehmen immer Abschied.
Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Rilke hat Flandern im August 1906 bereist. Stationen waren Furnes, Ypern, Brügge und Ghent.
... und Anfang glänzt / an allen Bruchstelln unseres Mißlingens
Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Lieber Harald,
herzlich danken fer Ihre Antwort! ich weiss es, dass Rilke Flandern gereist hat. Aber weiss ich nicht die Geschichte von "Erich und Ulriken Dorotheen"? Warum, und wie auferstanden sie? In welchem Buch kann ich es finden?
Gruesse
Dasha
herzlich danken fer Ihre Antwort! ich weiss es, dass Rilke Flandern gereist hat. Aber weiss ich nicht die Geschichte von "Erich und Ulriken Dorotheen"? Warum, und wie auferstanden sie? In welchem Buch kann ich es finden?
Gruesse
Dasha
so leben wir und nehmen immer Abschied.
Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Lieber Dasha,
leider habe auch ich keine Ahnung, wo man etwas über den historischen Grafen und die beiden Kinder Erich und Ulrike Dorothee finden kann.
Die "Rilke-Chronik" gibt keine Auskunft darüber (man erfährt da: das Gedicht ist in Paris entstanden, um den 1.Juli 1906, gemeinsam mit einigen anderen, darunter Der König).
Aber das Briefzitat, das Sie erwähnen, finde ich sehr interessant: "so bedenke ich, es mochte wohl gemeint gewesen sein, daß... ", schreibt Rilke über sein eigenes Gedicht, sieben Jahre nachdem er es geschrieben hat.
Sollte Rilke sich mit diesem Satz nicht bloß auf sein Gedicht, sondern auch auf die "Quelle" beziehen, aus der er die Anregung zu diesem Gedicht empfangen hat, dann ließe mich das fast vermuten, daß es sich bei dieser Quelle nicht um ein Buch handelt (denn da wäre ja eindeutig formuliert, was "gemeint gewesen sein mochte"), sondern vielleicht um ein Gemälde... ?
Ich würde allerdings auch nicht ganz ausschließen, daß Rilke die Namen der beiden Kinder erfunden hat.
Herzlichen Gruß!
Ingrid
Zur Sicherheit noch eine kleine Anmerkung:
"Ulriken Dorotheen", schreibt Rilke.
Das ist eine alte Form, die mein Sprachgefühl allerdings für einen Dativ gehalten hätte; hier ist es offensichtlich ein Akkusativ (was mich ein bißchen überrascht).
Wie dem auch sei: Das Mädchen heißt Ulrike Dorothee.
leider habe auch ich keine Ahnung, wo man etwas über den historischen Grafen und die beiden Kinder Erich und Ulrike Dorothee finden kann.
Die "Rilke-Chronik" gibt keine Auskunft darüber (man erfährt da: das Gedicht ist in Paris entstanden, um den 1.Juli 1906, gemeinsam mit einigen anderen, darunter Der König).
Aber das Briefzitat, das Sie erwähnen, finde ich sehr interessant: "so bedenke ich, es mochte wohl gemeint gewesen sein, daß... ", schreibt Rilke über sein eigenes Gedicht, sieben Jahre nachdem er es geschrieben hat.
Sollte Rilke sich mit diesem Satz nicht bloß auf sein Gedicht, sondern auch auf die "Quelle" beziehen, aus der er die Anregung zu diesem Gedicht empfangen hat, dann ließe mich das fast vermuten, daß es sich bei dieser Quelle nicht um ein Buch handelt (denn da wäre ja eindeutig formuliert, was "gemeint gewesen sein mochte"), sondern vielleicht um ein Gemälde... ?
Ich würde allerdings auch nicht ganz ausschließen, daß Rilke die Namen der beiden Kinder erfunden hat.
Herzlichen Gruß!
Ingrid
Zur Sicherheit noch eine kleine Anmerkung:
"Ulriken Dorotheen", schreibt Rilke.
Das ist eine alte Form, die mein Sprachgefühl allerdings für einen Dativ gehalten hätte; hier ist es offensichtlich ein Akkusativ (was mich ein bißchen überrascht).
Wie dem auch sei: Das Mädchen heißt Ulrike Dorothee.
"Wenn wir Gott mehr lieben, als wir den Satan fürchten, ist Gott stärker in unseren Herzen. Fürchten wir aber den Satan mehr, als wir Gott lieben, dann ist der Satan stärker." (Erika Mitterer)
Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Dann sind wir doch ein wenig weiter gekommen. Wenn das Gedicht vor der Flanderntour geschrieben wurde, kann Rilke das nur aus einem Band über Flandern haben, unabhängig ob Bild oder Text. Er soll ja zum Verdruß seiner Frau, meine ich mich zu erinnern gelesen zu haben, seine Reisen mit der Akribie (Pedanterie?) eines Generalstäblers vorbereitet haben.
Reich-Ranitzky hat es in einem Kommentar zu dem Gedicht immerhin in Erwägung gezogen, dass die Rilkeforschung fündig geworden sei hinsichtlich der identität der Grafenkinder. Wahrscheinlich ist "Erbbegräbnis" das vielversprechendste Stichwort in Verbindung mit 1610. Aber warum sind die beiden Kinder nicht dort begraben? Der Schlüssel zur Identifizierung seiner Quelle verbirgt sich wahrscheinlich in allen fünf Flandern-Gedichten. Happy hunting.
Reich-Ranitzky hat es in einem Kommentar zu dem Gedicht immerhin in Erwägung gezogen, dass die Rilkeforschung fündig geworden sei hinsichtlich der identität der Grafenkinder. Wahrscheinlich ist "Erbbegräbnis" das vielversprechendste Stichwort in Verbindung mit 1610. Aber warum sind die beiden Kinder nicht dort begraben? Der Schlüssel zur Identifizierung seiner Quelle verbirgt sich wahrscheinlich in allen fünf Flandern-Gedichten. Happy hunting.
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Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Verbindlich Dank Stilz und Harald, ich will weiter "hunting" sein.
so leben wir und nehmen immer Abschied.
Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Lieber Dasha,
warum nach einer Quelle suchen? Rilke hat viele Grabmäler gesehen - unten links der Familenvater mit den Söhnen, rechts die Mutter mit den Töchtern - von dort weitergedacht ergibt sich leicht die Frage, ob nicht Familienmitglieder fehlen werden bei der Auferstehung, vor allem in so unruhigen Zeiten...
Eudo Mason hat hingewiesen auf "den eigentlichen ganz ressentimentfreien Ton des Rilkeschen Lächelns" in diesem Gedicht, das den Auferstehungsglauben ohne Schärfe doch sehr distanziert sieht, und nicht ohne stille Komik.
Soweit erstmal, Renée
warum nach einer Quelle suchen? Rilke hat viele Grabmäler gesehen - unten links der Familenvater mit den Söhnen, rechts die Mutter mit den Töchtern - von dort weitergedacht ergibt sich leicht die Frage, ob nicht Familienmitglieder fehlen werden bei der Auferstehung, vor allem in so unruhigen Zeiten...
Eudo Mason hat hingewiesen auf "den eigentlichen ganz ressentimentfreien Ton des Rilkeschen Lächelns" in diesem Gedicht, das den Auferstehungsglauben ohne Schärfe doch sehr distanziert sieht, und nicht ohne stille Komik.
Soweit erstmal, Renée
Re: Wer sind "Erich und Ulriken Dorotheen"?
Meine Antwort, auch wenn ich nicht gefragt worden bin:
Weil Rilke den Leser mit der präzisen Namensgebung, dem Hinweis auf Flandern und das Datum 1610 über das Jedermann, Jederort und Jederzeit vieler Lyrik hinaus auf Spezifika verweist. No smoke without fire, wie die Engländer sagen.
Weil Rilke den Leser mit der präzisen Namensgebung, dem Hinweis auf Flandern und das Datum 1610 über das Jedermann, Jederort und Jederzeit vieler Lyrik hinaus auf Spezifika verweist. No smoke without fire, wie die Engländer sagen.
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