jadajem hat geschrieben:…und evtl etwas über "rilke und die engel". man sagt ihm ja immer nach, er wäre atheist gewesen... oder vielleicht doch immer auf der suche nach gott?? naja, wie auch immer, ich bräuchte etwas, was seine engel erklärt...
Also, ganz kann ich’s nun doch nicht lassen.
Denn gerade (auf der Suche nach einem ganz anderen Motiv) lese ich eine Stelle über Kunst in einem Brief an Jakob J. von Uexküll, 19. August 1909. „
Die Kunst“, schreibt Rilke da, sei er entschlossen „
nicht für eine Auswahl aus der Welt zu halten, sondern für deren restlose Verwandlung ins Herrliche hinein.“ «
Verwandlung ins Herrliche», das heißt in
meiner Vorstellungswelt (auch): «
Dein Reich komme!» Und dann setzt Rilke fort, weiter über die Kunst: „
Die Bewunderung, mit der sie sich auf die Dinge (alle, ohne Ausnahme) stürzt, muss so ungestüm, so stark, so strahlend sein, dass dem Gegenstand die Zeit fehlt, sich auf seine Hässlichkeit oder Verworfenheit zu besinnen. Es kann im Schrecklichen nichts so Absagendes und Verneinendes geben, dass nicht die multiple Aktion künstlerischer Bewältigung es mit einem großen, positiven Überschuss zurückließe, als ein Dasein-Aussagendes, Sein-Wollendes: als einen Engel.“ Wiederum für mich heißt diese (hier: künstlerische) Verwandlung alles Hiesigen in etwas von großem positivem Überschuss dasselbe wie Rilkes an Hulewicz (
†12.06.1941) gerichtetes Wort: «
Wir sind die Bienen des Unsichtbaren.» Auch in jenem Brief (13. XI. 1925) sagt der „Engel“ Da-Sein aus, will für Da-Sein stehen, so Dasein Verwandlung einbegreift, wie Wandel erst Existenz konstituiert. – Und nun geht der Brief, dessen Zitat ich hier nur unterbrochen habe, weiter (und man beachte die originale Großschreibung des Wortes: «Der»!): „
An diese Verwandlung haben Sie beim ‚Stunden-Buch’ geglaubt, Sie haben sie eingesehen; in den letzten Büchern aber, darin Der nicht genannt ist, um dessentwillen sie geschieht, möchten Sie dazu hinneigen, für ein Spiel zu halten, was immer dieselbe große Not ist; und was darum recht haben muss, nicht für die Zuschauer, aber für den, der leidet und sich sehnt, zu überstehen.“ – Das musste ich ein zweites Mal lesen: Verwandlung
*) geschieht noch im Stundenbuch unübersehbar
AD MAJOREM DEI GLORIAM, und der HErr (zu dessen HErrlichkeit hin diese Verwandlung zielt, s. o.) wird da genannt: Gott. Und diese Bezugnahme wird nun, 1909, nicht etwa aufgegeben, schon gar nicht verneint, sondern einzig ist ER „
nicht genannt“! Also, ich finde, diese unscheinbare Majuskel ist im Hinblick auf Deine Frage eine wirkliche Entdeckung, und die wollte ich Dir, Euch allen hier, nicht vorenthalten.
Gruß,
lilaloufan
*): in der IX. Elegie (1923) immerhin «drängender Auftrag» der Erde!