helle hat geschrieben:[
Man kann an die Zugvögel denken, die ihren inneren Uhren und Reisepläne folgen, ohne daß wir wüßten, auf wessen Geheiß eigentlich. Instinkt, »diese Stimme Gottes« heißt es bei Kant - dieses Vernehmen der Stimmen der Natur muß uns im Lauf unserer Entwicklung abhanden gekommen sein.
Dazu fällt mir ein Gedicht von Günter Eich ein, das hierher passt:
TAUBEN
Taubenflug über die Äcker hin, -
ein Flügelschlag, der schneller ist als die Schönheit.
Sie holt ihn nicht ein, sondern bleibt mir
als Unbehagen zurück im Herzen.
Als wäre auch Taubengelächter vernehmbar
vor den Schlägen, den grün gestrichenen Zwerghäusern,
und ich beginne nachzudenken,
ob der Flug ihnen wichtig ist,
welchen Rang die Blicke zum Erdboden haben
und wie sie das Aufpicken des Korns einordnen
und das Erkennen des Habichts.
Ich rate mir selbst, mich vor den Tauben zu fürchten.
Du bist nicht ihr Herr, sage ich, wenn du Futter streust,
wenn du Nachrichten an ihre Federn heftest,
wenn du Zierformen züchtest, neue Farben,
neue Schöpfe, Gefieder am Fuß.
Vertrau deiner Macht nicht,
so wirst du auch nicht verwundert sein,
wenn du erfährst, daß du unwichtig bist,
daß neben deinesgleichen heimliche Königreiche bestehen,
Sprachen ohne Laut, die nicht erforscht werden,
Herrschaften ohne Macht und unangreifbar,
daß die Entscheidungen geschehen im Taubenflug.
Gruß
gliwi