LETZTES GEDICHT, 1926 in val-mont -INTERPRETATIONEN?

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najade

LETZTES GEDICHT, 1926 in val-mont -INTERPRETATIONEN?

Beitrag von najade »

hallo!
ich bin auf der suche nach interpretationen oder wenigstens beschäftigungen mit dem allerletzten gedicht von rilke, das er wahrscheinlich mitte dezember des jahres 1926 in val-mont verfasst hat ("komm du, du letzter, den ich anerkenne,...").
bin für jeden hinweis dankbar, habe bis jetzt leider noch nicht viel darüber gefunden.

vielen dank im voraus,
najade
- naughtynajade@web.de
e.u.
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Beitrag von e.u. »

Hallo najade,
das Gedicht ist doch sehr von der autobiografischen Situation bestimmt. Manche Themen hat Rilke davon schon in den letzten Briefen an katharina Kippenberg und Nanny Wunderly-Volkart schon als seine autobiografische Erfahrung formuliert.
Deutlich ist, wie stark der Schmerz (Symptom der Leukemie im letzten Stadium) seine Persönlichkeit und sein Dichter-Bewusstsein auf die Probe stellt. Nicht der Tod selbst ist das Problem (also Rilkes ständiges Thema seit dem 'Malte'), sondern die körperlichen Begleiterscheinungen, die eine literarische Gestaltung fast ausschließen. Die Offenheit gegenüber Tod und den Möglichkeiten einer anderen Existenz (und sei es auch nur als Gedicht) droht verloren zu gehen. Der gestrichene Schluss zeigt, wie unvergleichbar diese Situation für Rilke war.
Natürlich gibt es dazu Literatur (z.B. die ERläuterungen in der Kommentierten Ausgabe der WErke. Bd.2 (1996) S.871-873.
grüsse e.u.
Marie
Beiträge: 308
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Beitrag von Marie »

Hallo,
in einem Punkt, e.u., würde ich dir widersprechen: Der Tod war durchaus das Problem. Allein die Tatsache, dass er in den letzten Lebenswochen das Wort Tod mied (stattdessen z.B. öfter von Hölle und Schmerz sprach), zeigt, wie schwer er mit der eigenen Finalität zu kämpfen hatte - das war schlimmer als nur der physische Schmerz. Und gerade der Malte ist für mich immer auch ein Indiz dafür, dass Rilke gerade durch das Thematisieren des Todes ihn auf ein Abstellgleis des eigenen Daseins namens Malte verbannt hatte. Es ist Eines, den Tod zu verherrlichen, zu besingen (frühe Werke und Elegien) oder seine Schrecklichkeit anzuprangern (Malte) und ein Anderes, ihm in der realen Existenz ins Auge zu schauen um den eigenen Tod tatsächlich zu "leben" und zu verwandeln - dieses erlösende "Ja" zur Einheit von Leben und Tod blieb Rilke m. E. versagt.

Gruß :D
Marie
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Beitrag von Marie »

...noch eine Ergänzung: "...den ich anerkenne" wäre somit eine Lüge oder besser eine Sehnsucht, der der übrige Inhalt des Gedichts widerspricht. Er wusste, das die Erlösung im Anerkennen lag. Wir wissen so oft, was nötig wäre und sind doch nicht dazu reif oder fähig...

Gruß :cry:
Magdalena
Beiträge: 3
Registriert: 15. Jan 2004, 16:09

Beitrag von Magdalena »

Schön...
Mir fällt dazu eine weitere, ähnliche Frage ein.
Mit der Inschrift seines Grabsteines tu ich mir ziemlich schwer-
Ich versteh sie einfach nicht recht...


Rose, oh reine Lust,
niemandes Schlaf zu sein
unter so vielen Lidern

Oder so ähnlich,
weiß es leider nicht mehr genau...

Danke!
Und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm, oder ein großer Gesang.
Gast

Beitrag von Gast »

William Gass hat dazu auch etwas geschrieben: in seinem Band "Reading Rilke" (Knopf, 2000). Gibt es nur auf englisch, soweit ich weiss.
Marie
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Beitrag von Marie »

Hallo Magdalena,

über den Grabspruch haben wir bereits letztes Jahr ausführlicher Gedanken ausgetauscht. Wenn du eine Seite zurückblätterst, findest du das Thema "Rose" - dort müsste einiges stehen. Vielleicht findest du die ein oder andere Anregung zu einem eigenen Verständnis?!

Liebe Grüße :D
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