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Wenn etwas uns fortgenommen wird

Verfasst: 18. Nov 2005, 14:44
von Diethard
Ich suche das Werk, in dem die Zeilen vorkommen:

Wenn etwas uns fortgenommen wird,
womit wir tief und wunderbar zusammenhängen,
so ist viel von uns selber mit fortgenommen.

Gott aber will, dass wir uns wiederfinden,
reicher um alles Verlorene und vermehrt um
jenen unendlichen Schmerz.

Danke für Hinweise.
Diethard

hilft dir zwar nicht weiter aber...

Verfasst: 31. Dez 2005, 11:17
von schneeflocke
hab grad im forum gefunden, dass die frage schon mal kam und niemand eine antwort darauf weiss. schade eigentlich, weil der text wunderschön ist...

hier der tread: http://www.briefroman.com/phpboard/view ... 239332b03a

gruss schneeflocke

Verfasst: 1. Jan 2006, 11:30
von Harald
Diese Suche nach einem vielzitierten Text erinnert mich an das ebenfalls vielzitierte Gedicht "Augenblicke", das beharrlich Jorge Luis Borges zugeschrieben wird, obwohl es de facto aus eine ganz obskuren, kitschnahen Quelle stammt. Es sollte doch den Spezialisten in diesem Forum möglich sein, die Briefbände quer zu lesen, um das Zitat zu verifizieren, falls es denn von Rike stammt.

Verfasst: 1. Jan 2006, 13:30
von Barbara
Hallo Harald,

erstmal ein gutes neues Jahr - auch fuer Dich ! Nun, Benutzer zu sperren, dass kann nur der Admin, also Thilo !

Normalerweise könnte ich schon in den Briefausgaben nach dem Zitat suchen, stecke aber momentan in Forschungsarbeiten und der Vorbereitung einer Studienreise Mitte Januar, so dass ich nicht dazu kommen werde. Sollte das Zitat mir zufällig auffallen, ich habe ca 60 Bücher in der Bibliothek ausgeliehen, werde ich es selbstverständlich gerne auch dem Forum weitergeben. Es gibt ja noch andere "Experten" hier im Forum....

Viele Grüße von Barbara

Verfasst: 1. Jan 2006, 16:52
von Gast
Danke für den Neujahrsgruß und den Hinweis.
Wenn an der Vermutung (im alten Thread) etwas dran ist, dass dieses "Gedicht" aus einem Brief an eine Gräfin stammt, und wohl auch schon in der Brief-Gesamtausgabe gesucht worden ist, dann wären ja die Briefe an die Gräfin Sizzo zunächst einen Blick wert. Falls es ein bis dato nur zitierter und unveröffentlichter Brief war, käme auch diese brandneue Ausgabe in Frage: Rainer Maria Rilke: Briefe an Gräfin Mariette Mirbach-Geldern-Egmont von Hildegard Heidelmann Königshausen & Neumann (September 2005).
Harald
Under the familiar weight
Of winter, conscience and the State,
In loose formations of good cheer,
Love, language, loneliness and fear,
Towards the habits of next year ...
W.H. Auden, New Year Letter
Dieses Gedicht enthält übrigens auch diesen einschlägigen Zweizeiler:
"And RILKE whom die Dinge bless
The Santa Claus of loneliness"

Verfasst: 1. Jan 2006, 17:02
von Harald
Nachtrag des vergesslichen Gastes:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses "Gedicht" ein Prosatext ist.

Wenn etwas uns fortgenommen wird,
womit wir tief und wunderbar zusammenhängen,
so ist viel von uns selber mit fortgenommen.

Rilke hätte diese holprige Doppelung und das metrisch noch holprigere "mit" wohl kaum durchgehen lassen.

Re: Wenn etwas uns fortgenommen wird

Verfasst: 4. Jan 2009, 20:24
von Minos
Mit dem Eintrag vom 18. November 2005 interessierte sich Diethard für die Herkunft des Textes „Wenn etwas uns fortgenommen wird…“. Aus den nachfolgenden Beiträgen ergibt sich leider keine Klärung zu diesem Thema. Ich habe kürzlich erfolglos nach einer Antwort auf die gleiche Frage gesucht und bin dabei auf das Rilke-Forum gestossen, von dem ich vorher keine Kenntnis hatte. Ich sehe, dass seit dem letzten Eintrag am 1. Januar 2006 (Harald) zur obigen Frage drei Jahre verflossen sind. Ist mittlerweile vielleicht ein Kenner der Rilke-Briefe fündig geworden? Denn verschiedene auch anderweitige Hinweise mutmassen als Quelle des Textes einen der Briefe an die Gräfin Mariette von Mirbach-Geldern-Egmont oder an die Gräfin Margot Sizzo-Noris-Crouy. Oder stammt der Text etwa gar nicht von Rilke, wie ich auch an einer Stelle angedeutet gefunden habe? Es würde mich freuen, wenn mir jemand den genauen Ursprung und Zusammenhang des Textes mitteilen könnte.

Nachtrag:

"Harald" hat mir heute (17.1.2009) auf die gleiche Frage im Forum "Wo finde ich ..." die Antwort gegeben:

Zu finden in:
Rainer Maria Rilke, Ruth Sieber-Rilke, ‎Briefe aus den Jahren 1907 bis 1914, Leipzig: Insel-Verlag 1933, Seite 33. Das Datum des Briefs an die Prinzessin von Schönaich-Carolath ist Paris, 7. Mai 1908:
"Denn wenn etwas uns fortgenommen wird, womit wir tief und wunderbar
zusammenhängen, so ist viel von uns selber mit fortgenommen. Gott aber will, daß wir uns wiederfinden, reicher um alles Verlorene und vermehrt um jeden unendlichen Schmerz."


Damit hat sich die Frage erledigt. Nochmals besten Dank!