Interpretation von ,,Ich fürchte mich so"

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

Antworten
mia-stern

Interpretation von ,,Ich fürchte mich so"

Beitrag von mia-stern »

Hallo,
halte demnächst einen Vortrag über dieses Gedicht. Daher wollte ich fragen, ob ihr Ideen oder Interpretationen zu dem Gedicht habt?! Worauf bezieht sich Rilke? Was ist seine Lösung? (wenn es überhaupt eine gibt)
Danke mia
neo
Beiträge: 1
Registriert: 8. Nov 2005, 14:17

Interpretation: Rilke - Ich fürchte mich so ...

Beitrag von neo »

Hi Mia.

Vorab schauen wir uns das Gedicht nochmal an:
Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort.
Sie sprechen alles so deutlich aus:
Und dieses heißt Hund und jenes heißt Haus,
und hier ist Beginn und das Ende ist dort.

Mich bangt auch ihr Sinn, ihr Spiel mit dem Spott,
sie wissen alles, was wird und war;
kein Berg ist ihnen mehr wunderbar;
ihr Garten und Gut grenzt grade an Gott.

Ich will immer warnen und wehren: Bleibt fern.
Die Dinge singen hör ich so gern.
Ihr rührt sie an: sie sind starr und stumm.
Ihr bringt mir alle die Dinge um.
Formaler Aufbau und rhetorische Mittel und Figuren:
Das Gedicht hat 3 Strophen mit jeweils 4 Versen.
Reimschema ist in der:
1.und 2. Strophe: Umarmender Reim (abba, cddc)
3. Strophe: Paarreim (eeff)
Metrum:
- meistens Jamben, dazwischen: Daktylen bzw. Anapäste.
- alternierender Rhythmus, der aber nicht streng durchgeführt wird
- 4-5 Hebungen, stumpfe Kadenzen

Rhetorische Mittel: Alliterationen (s. Gedicht, unterstrichen), Wortpaare, Parallelismen u.a.

Antithetisch im Inhalt, jedoch durch Alliterationen verbunden
Klingendes Gedicht - ist harmonisch, auch aufgrund der vielen Alliterationen.

Strophe I:
Das lyrische Ich unterstellt den Menschen eine eindeutige Benennung der Dinge, die Welt mit Worten aufzuteilen und zu begrenzen (vgl. Zeile 3 u. 4). Es hat vor dem eindeutigen Wort (vgl. z.2 "deutlich") angst, denn durch die eindeutige Benennung entsteht eine Isolation der Dinge aus dem Zusammenhang.

Strophe II:
Anmaßung - Hybris des Menschen - Gottes Geheimnis in dieser Welt durch Verstand (und Naturwissenschaft (nicht im Text)) zu erkennen.

Strophe III:
Das lyr. Ich hört Dinge singen. Übertragen:
Der künstlerische Mensch versucht sich vor der Zerstörung der Poesie zu schützen durch Abwehr "der Menschen".

Ein deutlicher Gegensatz zwischen dem lyrischen Ich und den Menschen ist erkennbar. Die Menschen bringen die Dinge um ihr Wesen/Geheimnis, aber das lyrische Ich kann die Dinge noch singen hören, ihnen noch Poesie abgewinnen. Deshalb möchte es die Menschen, die sich zu Göttern emporschwingen wollen, aus seiner Nähe verbannen.

(-> Zeigt, dass die Sprache noch singen kann in der Form des Gedichts: singendes, klangvolles, gestaltendes Gedicht)

Bezug auf den Autor:
Rilke's lyrisches Ich sieht sich auf einer einsamen Insel als Abwehrfunktion, es will keine Kommunikation mit den anderen Menschen.
R. sieht schon alles entzaubert und versucht als Poet durch Abwehr diese Welt für sich zu retten (Insel): Notruf, Apell, etc. auf s. Insel -> aber eigentlich schon verlorener Posten.


Ich hoffe das hat dich etwas weitergebracht.


MfG neo
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Hallo,
es gibt ja noch dieses sehr bekannte kleine Eichendorff-Gedicht:
Schläft ein Lied in allen Dingen,
die da träumen fort und fort,
und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort.
(Nicht zitierfähig, aus dem Gedächtnis notiert)
Ich denke, Rilke spielt darauf an. Er hat das Zauberwort getroffen, weil er nicht zu den Leuten gehört, die alles ganz genau wissen und schon immer gewusst haben.
Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
doro
Beiträge: 3
Registriert: 24. Mär 2006, 15:36

allgmeine frage zum gedicht

Beitrag von doro »

hi ihrs!
werde bald ein referat zu diesem gedicht halten und es wär echt lieb wenn ihr dafür ein paar fragen beantworten könntet :)
was ist den mit alternierender Rythmus gemeint in diesem Gedicht?
Wo befinden sich die Dadtylen / Anapäste in dem Gedicht?
Und zu guter Letzt wo ist denn ein Parallelismus zu finden?
Würd mich sehr über Hilfe freuen!!
Danke euch!
Doro
Krissian
Beiträge: 1
Registriert: 26. Apr 2010, 07:48

Re: Interpretation von ,,Ich fürchte mich so"

Beitrag von Krissian »

Hallo,

ist natürlich spät, aber vielleicht hilft es ja anderen weiter: Hab hier http://analyse-blog.blogspot.com/2010/0 ... o-vor.html eine ziemlich gute Analyse gefunden.
Antworten