Hallo liebe Rilke-Experten,
ich suche ein Gedicht, das beschreibt, dass der Mensch aus übereinanderliegenden Schichten besteht. Kann mir vielleicht jemand den Titel verraten?
Danke im Voraus, Anne
Der Mensch als Wesen aus Schichten
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- Beiträge: 1
- Registriert: 23. Jun 2008, 11:06
Re: Der Mensch als Wesen aus Schichten
Liebe Anne,
leider kenne ich kein solches Gedicht, aber ich würde es sehr gern kennenlernen, falls es eins geben sollte, deshalb hole ich die Frage nochmal "nach oben".
Daß Rilke die Vorstellung, der Mensch bestehe aus - bzw vielleicht besser: lebe in - verschiedenen "Schichten", nicht fremd war, kommt zumindest in einem Brief zum Ausdruck: am 13. März 1922 schreibt Rilke an Rudolf Bodländer:
Was ich künstlerisch schreibe, wird wohl bis zuletzt irgendwo die Spuren des Widerspruchs aufweisen, mittels dessen ich mich angetreten habe, - und doch, wenn Sie mich fragen, so möchte ich nicht, daß es dies sei, was vor allem von diesen Arbeiten ausginge: nicht die Aufforderung zu irgendeiner Auflehnung und Befreiung, nicht das Ausspringen aus dem sie Umgebenden und ihnen Anfordernden, möchten - so wünsche ich - junge Menschen aus diesen Schriften schließen; vielmehr, daß sie in einer neuen Verträglichkeit das Gegebene, Zugemutete, unter Umständen Notwendige hinnähmen, vor ihm nicht nach auswärts, sondern ins Tiefere auswichen, dem Druck der Verhältnisse nicht so sehr wiederstrebten, als vielmehr ihn ausnutzten, um durch ihn in eine dichtere, tiefere, eigenthümlichere Schicht der eigenen Natur eingesetzt zu werden. [Hervorhebung stilz]
Lieben Gruß!
stilz
leider kenne ich kein solches Gedicht, aber ich würde es sehr gern kennenlernen, falls es eins geben sollte, deshalb hole ich die Frage nochmal "nach oben".
Daß Rilke die Vorstellung, der Mensch bestehe aus - bzw vielleicht besser: lebe in - verschiedenen "Schichten", nicht fremd war, kommt zumindest in einem Brief zum Ausdruck: am 13. März 1922 schreibt Rilke an Rudolf Bodländer:
Was ich künstlerisch schreibe, wird wohl bis zuletzt irgendwo die Spuren des Widerspruchs aufweisen, mittels dessen ich mich angetreten habe, - und doch, wenn Sie mich fragen, so möchte ich nicht, daß es dies sei, was vor allem von diesen Arbeiten ausginge: nicht die Aufforderung zu irgendeiner Auflehnung und Befreiung, nicht das Ausspringen aus dem sie Umgebenden und ihnen Anfordernden, möchten - so wünsche ich - junge Menschen aus diesen Schriften schließen; vielmehr, daß sie in einer neuen Verträglichkeit das Gegebene, Zugemutete, unter Umständen Notwendige hinnähmen, vor ihm nicht nach auswärts, sondern ins Tiefere auswichen, dem Druck der Verhältnisse nicht so sehr wiederstrebten, als vielmehr ihn ausnutzten, um durch ihn in eine dichtere, tiefere, eigenthümlichere Schicht der eigenen Natur eingesetzt zu werden. [Hervorhebung stilz]
Lieben Gruß!
stilz
"Wenn wir Gott mehr lieben, als wir den Satan fürchten, ist Gott stärker in unseren Herzen. Fürchten wir aber den Satan mehr, als wir Gott lieben, dann ist der Satan stärker." (Erika Mitterer)
Re: Der Mensch als Wesen aus Schichten
Liebe Anne,
ich habe auch keines gefunden, dass exact zu deiner Frage passt. Nur dieses (via Suchfunktion):
Ist Schmerz, sobald an eine neue Schicht
die Pflugschar reicht, die sicher eingesetzte,
ist Schmerz nicht gut? Und welches ist der letzte,
der uns in allen Schmerzen unterbricht?
Wieviel ist aufzuleiden. Wann war Zeit, das andre, leichtere Gefühl zu leisten?
Und doch erkenn ich, besser als die meisten
einst Auferstehenden, die Seligkeit.
Rainer Maria Rilke, Herbst 1913, Paris
Gedichte an die Nacht
Aber vielleicht meintest du ja nicht "Schichten", in welchen man lebt, sondern "Ringe". Dann würde dieses bekannte Gedicht aus dem "Stundenbuch - Vom mönchischen Leben" zutreffen:
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
Rainer Maria Rilke, 20.9.1899, Berlin-Schmargendorf
Aber vielleicht findet sich ja noch das richtige. Auch mich würde ein solcher Gedanke interessieren.
Liebe Grüße,
Dominik
ich habe auch keines gefunden, dass exact zu deiner Frage passt. Nur dieses (via Suchfunktion):
Ist Schmerz, sobald an eine neue Schicht
die Pflugschar reicht, die sicher eingesetzte,
ist Schmerz nicht gut? Und welches ist der letzte,
der uns in allen Schmerzen unterbricht?
Wieviel ist aufzuleiden. Wann war Zeit, das andre, leichtere Gefühl zu leisten?
Und doch erkenn ich, besser als die meisten
einst Auferstehenden, die Seligkeit.
Rainer Maria Rilke, Herbst 1913, Paris
Gedichte an die Nacht
Aber vielleicht meintest du ja nicht "Schichten", in welchen man lebt, sondern "Ringe". Dann würde dieses bekannte Gedicht aus dem "Stundenbuch - Vom mönchischen Leben" zutreffen:
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
Rainer Maria Rilke, 20.9.1899, Berlin-Schmargendorf
Aber vielleicht findet sich ja noch das richtige. Auch mich würde ein solcher Gedanke interessieren.
Liebe Grüße,
Dominik