Der Berg

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

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K.2

Der Berg

Beitrag von K.2 »

Hallo,
wer kann mir helfen: ich brauche Anregungen zur Interpretation von "Der Berg" von R.M. Rilke. Vor allem die letzte Strophe verstehe ich nicht so richtig, was da gemeint ist ?!
Freue mich sehr über Hinweise und Anmerkungen dazu!
Viele Grüße,
Kathrin :lol:
Dasha
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Beitrag von Dasha »

Liebe Kathrin,

Ich weiße nicht, wie ich Ihnen diesen Gedicht erklären soll. Der Berg hier bei Rilke meint "japanische Bergs Fuji", und der Maler ist Katsushika Hokusai (bitte siehe die URL http://www.onlinekunst.de/hokusai/ und http://www.inst.at/berge/virtualitaet/kimura.htm). Wollen Sie die Ostasiens Kunst (einschl. Japanische Kunst) begreifen, mussen Sie die Chinesische Philosophie und die Bücher über Maltechniken lernen. Ja, ich bin Chinese :lol: Ich kann Katsushika Hokusai leicht verstehen (aber ist das Deursch mir nur schwer verständlich :( ). In den chinesische antiken Malereien, haten unsere antike Maler auszudrücken versuchen: Die Landschaft (Natur, Himmel) ist ewig (unendlich, unsterblich), Wenn die endlich (sterblich) Menschheit die ewig Natur erfassen, können sie auch ewig sein. wir nennen es "Himmel und Mensch sind in Einheit".
Und seit der Tang Dynastie, hat diese Glaube die Japanische tief beeinflussen.

Das Folgende ist exzerpiert aus Rilkes Werke (Kommentierte Ausgabe). Ich hoffe, daß es Ihnen helfen kann:

Das Gedicht ist konzentriert auf zwei Aspekte künstlerischer Existenz: das Verhalten des Schaffenden vor einem inkommensurablen, niemals wirklich ›darstellbaren‹ Gegenstand und die Seinsweise dieses »unbegreiflichen« (V. 5) Gegenstands, der am Ende doch plötzlich zur ›Epiphanie‹ gelangt.
Sechsunddreißig Mal und hundert Mal] Die Zahlenangabe verweist genau auf das zugrundeliegende Sujet: Der japanische Maler und Meister des Farbholzschnitts Katsushika Hokusai (1760-1849) schuf zwei Zyklen mit 36 und 100 Holzschnitten heiligen Bergs Fuji. Hokusai ist hier aber zugleich Chiffre für Rodin und mehr noch Antizipation Cézannes, dessen Ringen um die malerische »réalisation« (s. »Deutungsaspekte«, S.909) des Bergmassivs Sainte-Victoite das Gedicht am meisten entspricht.

(Werke, Kommentierte Ausgabe, 4 Bde. u. Supplementbd. Rilke, Rainer M., Bd.1, Insel, 2003, S.1002)

Grüße aus China
Dasha

ein Bild (Der Fuji bei Südwind) aus "Sechsunddreißig Ansichten des Fuji Bergs" (36 Ansichten des Fuji) von Katsushika Hokusai.
Bild
so leben wir und nehmen immer Abschied.
Dasha
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Beitrag von Dasha »

Liebe Kathrin,

Auch sollen Sie die Einleitung von Rilkes "Worpswede" sehen:
Die Landschaft aber steht ohne Hände da und hat kein Gesicht, - oder aber sie ist ganz Gesicht und wirkt durch die Größe und Unübersehbarkeit ihrer Züge furchtbar und niederdrückend auf den Menschen, etwa wie jene >Geistererscheinung< auf dem bekannten Blatte des japanischen Malers Hokusai. Denn gestehen wir es nur: die Landschaft ist ein Fremdes für uns und man ist furchtbar allein unter Bäumen, die blühen, und unter Bächen, die vorübergehen. Allein mit einem toten Menschen, ist man lange nicht so preisgegeben wie allein mit Bäumen. Denn so geheimnisvoll der Tod sein mag, geheimnisvoller noch ist ein Leben, das nicht unser Leben ist, das nicht an uns teilnimmt und, gleichsam ohne uns zu sehen, seine Feste feiert, denen wir mit einer gewissen Verlegenheit, wie zufällig kommende Gäste, die eine andere Sprache sprechen, zusehen.
Freilich, da könnte mancher sich auf unsere Verwandtschaft mit der Natur berufen, von der wir doch abstammen als die letzten Früchte eines großen aufsteigenden Stammbaumes. Wer das tut, kann aber auch nicht leugnen, daß dieser Stammbaum, wenn wir ihn, von uns aus, Zweig für Zweig, Ast für Ast, zurückverfolgen, sehr bald sich im Dunkel verliert; in einem Dunkel, welches von ausgestorbenen Riesentieren bewohnt wird, von Ungeheuern voll Feindsäligkeit und Haß, und daß wir, je weiter wir nach rückwärts gehen, zu immer fremderen und grausameren Wesen kommen, so daß wir annehmen müssen, die Natur als das grausamste und fremdeste von allen im Hintergrunde zu finden. Daran ändert der Umstand, daß die Menschen seit Jahrtausenden mit der Natur verkehren, nur sehr wenig; denn dieser Verkehr ist sehr einseitig. Es scheint immer wieder, daß die Natur nichts davon weiß, daß wir sie bebauen und uns eines kleinen Teils ihrer Kräfte ängstlich bedienen. Wir steigern in manchen Teilen ihre Fruchtbarkeit und ersticken an anderen Stellen mit dem Pflaster unserer Städte wundervolle Frühlinge, die bereit waren, aus den Krumen zu steigen. Wir führen die Flüsse zu unseren Fabriken hin, aber sie wissen nicht von den Maschinen, die sie treiben. Wir spielen mit dunklen Kräften, die wir mit unseren Namen nicht erfassen können, wie Kinder mit dem Feuer spielen, und es scheint einen Augenblick, als hätte alle Energie bisher ungebraucht in den Dingen gelegen, bis wir kamen, um sie auf unser flüchtiges Leben und seine Bedürfnisse anzuwenden. Aber immer und immer wieder in Jahrtausenden schütteln die Kräfte ihre Namen ab und erheben sich, wie ein unterdrückter Stand, gegen ihre kleinen Herren, ja nicht einmal gegen sie, - sie stehen einfach auf, und die Kulturen fallen von den Schultern der Erde, die wieder groß ist und weit und allein mit ihren Meeren, Bäumen und Sternen.
Was bedeutet es, daß wir die äußerste Oberfläche der Erde verändern, daß wir ihre Wälder und Wiesen ordnen und aus ihrer Rinde Kohlen und Metalle holen, daß wir die Früchte der Bäume empfangen, als ob sie für uns bestimmt wären, wenn wir uns daneben einer einzigen Stunde erinnern, in welcher die Natur handelte über uns, über unser Hoffen, über unser Leben hinweg, mit jener erhabenen Hoheit und Gleichgültigkeit, von der alle ihre Gebärden erfüllt sind. Sie weiß nichts von uns. Und was die Menschen auch erreicht haben mögen, es war noch keiner so groß, daß sie teilgenommen hätte an seinem Schmerz, daß sie eingestimmt hätte in seine Freude. Manchmal begleitete sie große und ewige Stunden der Geschichte mit ihrer mächtigen brausenden Musik oder sie schien um eine Entscheidung windlos, mit angehaltenem Atem stille zu stehn oder einen Augenblick geselliger harmloser Frohheit mit flatternden Blüten, schwankenden Faltern und hüpfenden Winden zu umgeben, - aber nur um im nächsten Momente sich abzuwenden und den im Stiche zu lassen, mit dem sie eben noch alles zu teilen schien.
Oder, besuchen Sie die Seiten: http://de.geocities.com/namenlosesm/Hok ... usai1.html

Gruss
Dasha
so leben wir und nehmen immer Abschied.
Kathrin

Beitrag von Kathrin »

Lieber Dasha,
ganz herzlichen Dank für die vielen Informationen und Materialien. Ich muss mir das jetzt erst einmal in Ruhe alles ansehen. Es ist ganz neu für mich diese Verbindung zwischen Rilke und Japan/Ostasien. Ist er eigentlich selbst auch einmal dort gewesen ? Wie kam es zu diesem Interesse an Japan ? Vielleicht hat seine Idee des Weltinnenraums auch etwas mit Buddhismus zu tun ? Viele Fragen ...
Herzlichen Dank, lieber Dasha, Danke !!!
Viele Grüße von Kathrin :lol:
Gast

Beitrag von Gast »

http://de.geocities.com/namenlosesm/Hok ... usai1.html[/url]

Haben Sie meine Mühe verstanden?
Man muss zuerst nach Frankreich gehen, um Japonismus zu untersuchen.
Die Japaner sind/waren zu optimistisch... und ich auch.
Kathrin

Beitrag von Kathrin »

Hallo,

eine sehr interessante Seite - wirklich !

Nur zwei Fragen - Anmerkungen - noch:

Rilke und Tolstoi / seine Russlanderfahrung !

Und - zu Worpswede: was wurde aus Rilkes Freund Heinrich Vogeler (und dem Barkenhoff) ?!

Liebe Grüße von Kathrin
N.N.

Beitrag von N.N. »

Sie sind Chinese !!! :shock:
Wunderbar
Ich bin Japanerin.
Es ist natürlich ganz schwer, dass wir die Erklärung von Europäern verstehen. Und das Gedicht auch. (Ich weiss nicht, ob Sie Deutscher-Chinese sind.)
Am Anfang konnte ich das Gedicht nicht gut verstehen. Ich las die Interpretationen. Dann konnte ich Hokusai in den Interpretationen auch nicht verstehen. :( Ich fand Ironie, aber keinen Respekt.
Deshalb habe ich eigene Forschung gemacht.

Übrigens wie finden Sie Tolstoi mit Rilke?
Gast

Tolstoi und Japan

Beitrag von Gast »

Was ich gerade finde :

Das zweite Kapitel in “Tolstoï et le Japon” von Brigitte Koyama-Richard

Liebe Grüße
N7n7N
Beiträge: 10
Registriert: 23. Mai 2008, 05:27

Re: Der Berg

Beitrag von N7n7N »

Nein.
Mit dem Gedicht Berg :
Hokusai mit der “holländischen” Perspektive
(Holland) Niederlande

Rilke, Russland und Japan : ??????
(nicht zur ihren Frage, sondern meinem Interesse)
Zwei Vorschläge von mir
Z.B. sichtbarer Kreml (Japan ist unsichtbar) und ein unsichtbares japanisches Märchen,
bei Tolstoi und Dostojewski

dann
Rilke - Tolstoi mit dem Märchen, oder ohne

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Noch besser mit „Kreppstoffen“ – Gogh
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