Gedichtvergleich bzw Interpretation Rilke - Heym

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

Antworten
Yoshi
Beiträge: 6
Registriert: 6. Okt 2005, 15:35

Gedichtvergleich bzw Interpretation Rilke - Heym

Beitrag von Yoshi »

Ich soll für meine Deutsch-Facharbeit (12. Klasse Gymnasium) zwei gedichte analysieren bzw vergleichen. Dabei handelt es sich um folgende Gedichte:
R.M.Rilke
DAS BUCH DER BILDER
DES ERSTEN BUCHES ZWEITER TEIL

HERBSTTAG

HERR: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
sowie
Heym Georg
August 1911

Und die Hörner des Sommers verstummten ...

Und die Hörner des Sommers verstummten im Tode der Fluren,
In das Dunkel flog Wolke auf Wolke dahin.
Aber am Rande schrumpften die Wälder verloren,
Wie Gefolge der Särge in Trauer vermummt.

Laut sang der Sturm im Schrecken der bleichenden Felder,
Er fuhr in die Pappeln und bog einen weißen Turm.
Und wie der Kehricht des Windes lag in der Leere
Drunten ein Dorf, aus grauen Dächern gehäuft.

Aber hinaus bis unten am Grauen des Himmels
Waren aus Korn des Herbstes Zelte gebaut,
Unzählige Städte, doch leer und vergessen.
Und niemand ging in den Gassen herum.

Und es sank der Schatten der Nacht. Nur die Raben noch irrten
Unter den drückenden Wolken im Regen hin,
Einsam im Wind, wie im Dunkel der Schläfen
Schwarze Gedanken in trostloser Stunde fliehn.
Aufgabenstellung ist folgendes:
Lyrik als Spiegel einer Epoche
Untersuchen Sie anhand zweier Gedichte, ob und inwieweit sie Aspekte der Epoche um 1900 erfassen.

Hinweise: Die Gedichte entstammen alle der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Sie sind bewusst so gewählt, dass sie sich in Thema, Perspektive, Poetik und Stil u.a. unterscheiden. Ihre Aufgabe besteht darin, a) diese Gedichte werkimmanent zu interpretieren und b) zu erklären, weshalb sie sich unterscheiden, obwohl sie aus der gleichen Zeit stammen.
Dazu gibt es bestimmte Methoden: Ein Weg könnte sein, die jeweiligen Merkmale über die Biographie der Verfasser zu erklären (biografische Methode). Ein anderer könnte von der Überlegung ausgehen, dass die Gedichte auf jeweils andere Aspekte der Epoche reagieren (literatursoziologische Methode). Ein dritter, dass die Gedichte aufeinander reagieren (literaturgeschichtliche Methode). Es könnten auch alle drei Ansätze funktionieren.
Sie müssten sich daher a) ausführlich über Leben und Werk der Verfasser informieren, b) in mehreren Literaturgeschichten die literarischen und poetologischen Strömungen der jeweiligen literarischen Epoche erarbeiten und natürlich c) auch wissen, welche politisch-sozial-kulturellen Ereignisse in dem entsprechenden Zeitraum stattfanden.

Während der Arbeit werden an zwei Terminen Zwischenergebnisse abgegeben.

1. Nach zwei Wochen muss eine kommentierte Bibliographie vorliegen, d.h. eine Liste aller Bücher und Materialien, die Sie für Ihre Arbeit verwenden möchten. Es müssen die Seiten angegeben sein, die für Ihre Arbeit in Frage kommen, es muss die Fragestellung klar sein, die Sie durch das jeweilige Buch etc. beantwortet haben wollen. In der endgültigen Arbeit müssen diese Materialien verwendet worden sein. In begründeten Ausnahmefällen dürfen neue Materialien aufgenommen oder weggelassen werden. Diese Bibliographie muss computergeschrieben sein und ein bis zwei Din A4-Seiten umfassen.
2. Die Arbeit muss zwei Wochen vor der Abgabe im Kern fertig sein und als Entwurf abgegeben werden. Die peripheren Teile (Literaturverzeichnis, Einleitung, Schluss etc.) können fehlen, die endgültige Gliederung ist nicht erforderlich. Die wesentlichen Textpassagen müssen jedoch – auch in unkorrigierter Fassung – vorliegen. Ggf. können auch Probleme geklärt werden.

Die beiden Arbeitsschritte fließen ggf. in die Noten ein.
Ich hab mich im Netz (An Bücher komme ich leider nicht dran. das was ich brauche ist verliehen und mit meinen Mitschülern kann ich mich erst nächste woche austauschen) n bisschen erkundigt über Rilke und Heym kann aber nicht genau festmachen, was genau die parallelen zwischen den gedichten sind, mal abgesehen von der tatsache, dass es sich um Herbstgedichte handelt. Hab mir zu Rilke auch schon eine Interpretation durchgelesen, werde aber imme rnoch nicht so ganz schlau, wie genau ich da jetzt dranzugehen habe. Ich wäre auf alle Fälle für ein paar Tipps sehr dankbar. ich erwarte von niemandem, dass er mir meine Arbeit abnimmt (wobei "Arbeitshilfe" immer erwünscht ist ;) ), aber wäre wie gesgat für ein paar Ansätze sehr dankbar :) weil ich momentan nicht mal genau einen Ansatz habe was genau ich schreiben soll. dachte auf alle fälle erstmal an ne Einleitung, was ich mache, ne Kurzbiografie beider Dichter, Kurzbeschreibung der beiden gedichte und dann müste ich sehen wie es weitergeht. wäre jednefalls für jegliche hilfe dankbar.

cu Yoshi !
e.u.
Beiträge: 320
Registriert: 5. Jun 2003, 10:29

Beitrag von e.u. »

Hallo,
nur ein Tipp. Ich glaube, wenn man nicht sehr versiert ist, sollte man begrenzte Ziele ansteuern. Dann würde ich raten, die Arbeit auf 1 Methode zu konzentrieren, aber die dann möglichst perfekt anwenden.
Etwas altmodisch (seit 100 Jahren out) ist die biografische Methode, die aber, wenn man sie nicht überzieht, wenigstens einige handfeste Fakten verwerten kann. Also: Das Gedicht ist am 21.September 1902 in Paris entstanden. Dazu gibt es in der Kommentierten Ausgabe Bd.1 , S.813 eine ganze Menge guter Hinweise und auch entsprechende Sekundärliteratur. Zur Biografie von Rilke gibt es ja die monumentale Arbeit von Ralph Freedman, die knappere von Donald Prater und die smarte von Stefan Schank. Die müssten eigentlich weiterhelfen. Und eine Kurzbiografie hast Du ja auf der Navigationsleiste. Um keinen Lehrer zu nerven würde ich da aber nicht mehr schreiben, als zu diesem Gedicht sinnvoll ist (also nur bis zum Erscheinen des Buchs der Bilder). Aber sicher haben noch andere Leute bessere Tipps.
Mit guten Wünschen
e.u.
Yoshi
Beiträge: 6
Registriert: 6. Okt 2005, 15:35

Beitrag von Yoshi »

Das klingt schonmal ganz gut. Kannst du mir auch sagen, wie ich an diese Bücher dran komme ? Ich muss ja erstmal ne bibliografie machen und ich muss begründen, warum ich die einzelnen Bücher ausgewählt habe bzw welchen Teil der Aufgabe ich damit beantworten möchte. Gibt es Bücher, in denen die Gedichte irgendwie kommentiert oder interpretiert sind ? Und für weitere Tipps erstmal zur bibliografie wäre ich sehr dankbar :)

cu Yoshi !
e.u.
Beiträge: 320
Registriert: 5. Jun 2003, 10:29

Beitrag von e.u. »

Hallo,
für eine Bibliographie musst Du eigentlich nicht die Bücher selbst in der Hand gehabt haben, sondern nur die genauen Daten wissen. Die kannst Du zuverlässig über folgenden Link aus den großen Bibliothekskatalogen bekommen:
http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html
Dort findest Du auch das WErk 'Was ist wo interpretiert?' verzeichnet.
oder, sofern die Bücher im Handel sind, zusätzliche Informationen über:
http://www.buchhandel.de/
Welche Bibliothek dann für Dich tatsächlich die nächste ist, hängt allerdings davon ab, wo Du wohnst und wo Du als Benutzer registriert bist oder Dich registrieren lassen kannst.
Viel Erfolg wünscht e.u.
Benutzeravatar
Anna B.
Beiträge: 312
Registriert: 13. Mai 2004, 20:26
Wohnort: Franken

Beitrag von Anna B. »

Hallo,

und was sagt Ihr zu Rilkes "Cornet" ? Das passt doch irgendwie zusammen... (thematisch) ?

Auf jeden Fall solltest Du auch nach neueren Zeitschriftenaufsätzen suchen zum Thema - in Fachzeitschriften ... Spannend ist sicher auch mal ältere Sekundärliteratur anzuschauen, aus der Entstehungszeit dieser Gedichte...
Lies wie ein Kaleidoskop , Spiegelungen der Epoche, Umbruch der Moderne...

Viel Erfolg und liebe Grüße von Anna :lol:
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Also das sehe ich jetzt überhaupt nicht, liebe Anna. Was hat der Cornet (den ich zugegebenermaßen ohnehin nicht ausstehen kann) mit dem "Herbsttag" zu tun? Außerdem fürchte ich, wenn wir unserem Adepten immer noch was und noch was zu lesen aufgeben, sieht er schließlich gar kein Land mehr. Also rate ich: Cornet weglassen. Bringt für den "Herbsttag" nichts.
Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
Benutzeravatar
Anna B.
Beiträge: 312
Registriert: 13. Mai 2004, 20:26
Wohnort: Franken

Beitrag von Anna B. »

Hallo,

ja, da ist wohl nur mal wieder mein Berufsethos mit mir durchgegangen - als Bibliothekarin :wink: !

Selbstverständlich kann man sich auch bei einem Bibliotheksbesuch fach"frau"lich beraten lassen und manchmal ist es besser in die Bücher selbst reinzuschauen, was man tatsächlich verwenden kann...

Anna :lol:
"anna blume... man kann dich auch von hinten lesen... du bist von hinten wie von vorne: "a-n-n-a." (kurt schwitters)
helle
Beiträge: 343
Registriert: 6. Mai 2005, 11:08
Wohnort: Norddeutsche Tiefebene

Beitrag von helle »

Die Aufgabe lautet, "a) diese Gedichte werkimmanent zu interpretieren und b) zu erklären, weshalb sie sich unterscheiden, obwohl sie aus der gleichen Zeit stammen." Nun finde ich zwar, daß der Lehrer sich durchaus klarer hätte ausdrücken können und daß sich eine "werkimmanente" Interpretation und eine "literatursoziologische Methode" widersprechen (Ihr sollt doch offenbar die Aufgaben a) und b), nicht a) oder b) behandeln), aber das läßt sich nun nicht mehr ändern.

Da Du um "Ansätze" bittest (was ein doofes, aber weit verbreitetes Wort ist) - die Aufgabe ist nicht, unbedingt "Parallelen" beider Gedichte zu beschreiben. Das fände ich auch schwierig, außer dem gemeinsamen Herbstthema sehe ich davon nicht so viele, und finde dagegen die Unterschiede in Darstellung, Stil, Metaphorik usw. auch interessanter.

Wenn ich nicht irre, hat Heym Rilke ein "überschminktes Frauenzimmer" genannt, das ist zwar etwas derb und gemein und man kann über die Berechtigung dieses Wortes streiten, aber es steckt auch mehr dahinter als nur Polemik; es gibt schon manchmal etwas feminine und weiche, manchmal auch etwas kindische Züge in R.s Dichtung. Den Heym hat das genervt, und er setzt Rilkes (wie auch Georges) Dichtung ein komplett anderes Gedichtverständnis entgegen. Dieses unterschiedliche Verständnis, das auch ein Generationenproblem ist, zeigt sich auch an der Behandlung des Herbstthemas in beiden Gedichten. Also würde ich vielleicht weniger Zeit an bibliographische DInge wenden als an das aufmerksame Lesen der beiden Gedichte, und daran, ihre Unterschiede in Haltung, Stil und Bildern zu beschreiben. Das ist, um nicht "Ansatz" zu sagen, natürlich nur ein Vorschlag, der auch noch aus einer verspäteten Mittagspause kommt.

"bonne chance" - H.
Yoshi
Beiträge: 6
Registriert: 6. Okt 2005, 15:35

Beitrag von Yoshi »

helle hat geschrieben:Da Du um "Ansätze" bittest (was ein doofes, aber weit verbreitetes Wort ist) - die Aufgabe ist nicht, unbedingt "Parallelen" beider Gedichte zu beschreiben. Das fände ich auch schwierig, außer dem gemeinsamen Herbstthema sehe ich davon nicht so viele, und finde dagegen die Unterschiede in Darstellung, Stil, Metaphorik usw. auch interessanter.

Wenn ich nicht irre, hat Heym Rilke ein "überschminktes Frauenzimmer" genannt, das ist zwar etwas derb und gemein und man kann über die Berechtigung dieses Wortes streiten, aber es steckt auch mehr dahinter als nur Polemik; es gibt schon manchmal etwas feminine und weiche, manchmal auch etwas kindische Züge in R.s Dichtung. Den Heym hat das genervt, und er setzt Rilkes (wie auch Georges) Dichtung ein komplett anderes Gedichtverständnis entgegen. Dieses unterschiedliche Verständnis, das auch ein Generationenproblem ist, zeigt sich auch an der Behandlung des Herbstthemas in beiden Gedichten. Also würde ich vielleicht weniger Zeit an bibliographische DInge wenden als an das aufmerksame Lesen der beiden Gedichte, und daran, ihre Unterschiede in Haltung, Stil und Bildern zu beschreiben. Das ist, um nicht "Ansatz" zu sagen, natürlich nur ein Vorschlag, der auch noch aus einer verspäteten Mittagspause kommt.
Das ist ein interessanter Vorschlag. Hab mir allerdings mal "Ein klingendes Glas" bestellt und das Buch von Stefan Schank schonmal angelesen. Ich hatte außerdem hier im Forum schon eine Interpretation zu "Herbsttag" gefunden und wollte nochmal fragen, inwieweit ich diese verwenden kann (ob das wirklich werkimmanent ist) und was ich mir da rausziehen könnte. Außerdem sagst du etwas von "anderem Gedichtverständnis von Heym" kannst du dazu vll noch etwas sagen ?
Interpretation „Herbsttag“ von Rainer Maria Rilke

Rainer Maria Rilke wurde am 4. Dezember 1875 als Sohn eines ehemaligen Unteroffiziers in Prag geboren. Er hatte ein bewegtes Leben. Dass er von seinem Vater mit elf Jahren zur Militärschule geschickt wurde, bedeutete für Rilke einschneidende Erlebnisse. Sein weiteres Leben und auch sein Werk war geprägt durch die Studienzeit in Städten wie Prag, München, Berlin und Wien, durch die in den Folgejahren unternommenen Reisen nach Russland (1899-1900), wo ihn die Frömmigkeit der russischen Bevölkerung selbst zu einer religiösen Person haben werden lassen, durch Aufenthalte in Paris (1905-1914), wo er als Privatsekretär des Bildhauers und Künstlers Rodin tätig war und durch dessen Einfluss Rilkes Werk stark geprägt wurde; diese Zeit wurde mitunter länger unterbrochen durch Reisen nach Flandern, Capri, in die Provence oder in skandinavische Länder. Ab 1919 hielt sich Rilke zumeist in der Schweiz auf, wo der Dichter am 29.12.1926 verstarb. Bereits im Jahre 1898 begann Rilke mit den ersten Gedichten aus dem Buch der Bilder.
Ein Gedicht daraus ist „Herbsttag“. Es entstand im September 1902 in Paris. Rilke, des Familienstipendiums verlustigt, entwarf damals ein Lebenskonzept.
Das Gedicht wirkt melancholisch, wehmütig und so wirkt es beruhigend. Das lyrische Ich bittet Gott den Sommer für das Land und die Früchte zu beenden und so den Herbst kommen zu lassen. Außerdem macht es sich Gedanken, wie der Herbst für die Menschen ist und verbindet damit auch negatives.
Rilkes Herbstgedicht zeigt einen kunstvollen Aufbau: drei um jeweils eine Zeile vermehrte Strophen (drei Zeilen, vier Zeilen, fünf Zeilen). Diese steigende Form entspricht der Steigerung im Inhalt. Die Strophen bestehen immer nur aus einem oder zwei Sätzen mit wenigen Zeilensprüngen. Das Enjambement zwischen der 11. und 12. Zeile wirkt durch die Inversion, „unruhig“ wird hinter „hin und her“ geschoben, noch einmal ein wenig spannungsverstärkend.
Durch den Jambus wirkt das Gedicht regelmäßig, ruhig und in sich geschlossen. Man spürt beim Lesen den ruhigen Gang des Herbstes. Auffallende stilistische Besonderheiten im Werk sind u.a. Anaphern in den Zeilen 8 und 9 sowie 10 und 11 („Wer jetzt...“ und „wird...“ bzw. „und wird“). Weiterhin hervorstechend ist die Wahl ungewöhnlicher Adjektive durch den Autor im Text, wie z.B. „sehr großer Sommer“ und „südlichere Tage“. Diese Umschreibungen erwecken das Interesse des Lesers.
Im Gedicht kann man unterschiedliche Reimschemen erkennen. Die erste Strophe ist vom Reimschema her als Kreuzreim geschrieben, welcher allerdings unvollständig ist, da ein vierter Vers und somit der zweite B-Teil fehlt. In der zweiten Strophe erkennt man eindeutig einen reinen umarmenden Reim. Die dritte Strophe besteht aus einen umschließenden Reim, an den aber ein weiterer Vertreter des inneren B-Reimes anschließt. So wirkt das Gedicht, als ob man mit Absicht den fehlenden ersten Vers aus der ersten Strophe an die dritte Strophe angefügt hat.
Das lyrische Ich des Gedichtes wird dem Leser nicht näher vorgestellt, es scheint aber an Gott zu glauben. Das ganze Gedicht ist partnerbezogen und wirkt wie ein Gebet, welches vom lyrischen Ich an Gott (den „Herr[n]“)gerichtet ist. Es möchte den „sehr großen Sommer“ hinter sich lassen und in eine weniger angenehme Jahreszeit, den Herbst, übergehen.
Das Gedicht besitzt ein Situationsmotiv, in diesem Fall der Herbst, schon am Titel und durch die Verwendung von verschiedenen Wörtern erkennbar, wie zum Beispiel Z.2 „Schatten“, Z.3 „Winde“ und Z.12 „Blätter treiben“.
Im Herbst scheint die Sonne weniger, es herrscht mehr Schatten und die Winden toben durchs Land.
In der zweiten Strophe verlangt das lyrische Ich von seinem Herrn noch „zwei südlichere Tage“, um eine „Vollendung“ der „letzten Früchte“ zu erreichen sowie „die letzte Süße“ in den „schweren Wein“ zu bringen. Man erkennt, dass das lyrische Ich die Natur liebt.
In der dritten Strophe beschreibt die lyrische Person eindeutig seine Vorstellung der Zeit, der sie sich entgegensehnt. Er erwartet in dieser Strophe eine Zeit des eingeschränkten Arbeitens (Z.8 „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“).
Vor allem an der dritten Strophe kann man nun das wirkliche Hauptmotiv herausfinden. Es könnte der Alterungsprozess eines Menschen sein. Der Sommer symbolisiert die Jugend und das mittlere Alter und der Herbst das Alter. Man hatte eine(n) „groß[en]“ Jugend/„Sommer“, nun möchte man sich zur Ruhe setzen und seinen Lebensabend genießen. Wer er also bis zu seinem Lebensabend nicht geschafft hat ein eigenes Haus zu bauen oder, wie noch genannt wird, sich eine Partnerin zu suchen, wird dann auch keine mehr finden.
Man kann also auf zwei mögliche Bedeutungen schließen, die eben genannte sowie die bildliche, d.h. die Bitte des lyrischen Ichs an Gott den Sommer zu beenden, den Herbst anfangen zu lassen und die Lebensumstände von Menschen im Herbst.
Alle sprachlichen Bilder und die innere Form sprechen dafür.
Ich muss ja gestehen, dass das Interpretieren nicht unbedingt meine Stärke ist und ich somit versuche mir zumindest Ansatzweise anders zu behelfen. :-< Aber was schonmal inzeressant ist, dass Heym Rilke wohl nicht unbedingt leiden konnte bzw ihm seine Arbeit nicht unbedingt zusagte. Was bei Rilke auffällig ist, ist ja, dass der erste Teil des Gedichts eher positiv ist und dann eher negativ, traurig usw wird. Bei Heym würde ich spontan sagen, dass er das Ende des Sommers bzw den Anfang des Herbstes sofort negativ beschreibt.

Außerdem hab ich nochmal eine Frage bezüglich der Epochen. In welche Epochen lässt sichd enn das jeweilige Gedicht ungefähr einordnen ? Weil zu der Zeit waren ja viele "Bewegungen" auf einmal bzw in kurzen Abständen. Evtl kann sich da ja noch jemand zu äußern. :)

Aber Danke auf alle fälle schonmal für die hilfe.

cu Yoshi !

EDIT: Was auch noch Klasse wäre (obwohl falsches Forum ;) ) Wär noch was zu Heym, weil ich das ja immerhin auch interpretieren muss. :-/

EDIT 2: Also Heym war Expressionist, aber steht das Gedicht in irgendeiner Gedichtsammlung oder wurde es einfach so veröffentlich ? Und in was für eine Epoche bzw unter welchen Stil fällt Rilke ?
Yoshi
Beiträge: 6
Registriert: 6. Okt 2005, 15:35

Beitrag von Yoshi »

In den Jahren nach 1900 vollzog sich in Rilkes zunächst von den französischen Symbolisten beeinflussten Dichtungen ein Wandel. Er entwickelte eine ausgeprägte poetische Eigenständigkeit, das lyrische Ich trat zurück, stattdessen nahm das Gegenständliche mehr Raum in seiner Dichtung ein, was sich bereits in den Gedichtbänden Das Buch der Bilder (1902; erweitert 1906) andeutete und in Das Stunden-Buch (1905) deutlich sichtbar wurde.

Microsoft® Encarta® 2006. © 1993-2005 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
Trifft das also auch auf "Herbsttag" zu ? Weil ich mir nicht sicher bin ob eher lyrisches Ich oder eher das Gegenständliche... Kann dazu noch jemand Stellung beziehen ?

cu Yoshi !
helle
Beiträge: 343
Registriert: 6. Mai 2005, 11:08
Wohnort: Norddeutsche Tiefebene

Beitrag von helle »

Das sind viele Fragen, und ich kann oder will Dir nicht alle beantworten, das ist hier ja ein Forum, wo man sich austauscht, kein Bringdienst oder Hausaufgaben.de usw., und einige Sachen kannst Du auch selbst herausfinden, das macht auch mehr Spaß, wenn man selbst zu Resultaten kommt.

Die Interpretation finde ich mittelprächtig, manches richtig, manches falsch, manchmal beides zusammen, z.B. ist das Reimschema der 1. Str. nicht nur ein Kreuzreim, sondern durch den Binnenreim von "Sonnenuhren" und "Fluren" auch umarmender Reim. Damit hat man in drei Strophen drei Varianten dieses Reimschemas, erst ein bißchen weniger, die Mitte ist perfekt, dann ein bißchen mehr, das sieht schon sehr nach Absicht aus und könnte z.B. auf die Akkumulation der Tage im Jahresverlauf von Sommer zu Herbst und Winter hindeuten.

Auch inhaltlich kann man manches sicher anders sehen als in der Interpretation, z.B. bezweifle ich, daß das "lyrische Ich" so eine Art Winterschläfer ist und sich "eine Zeit des eingeschränkten Arbeitens" erwartet. Man fängt eben normalerweise nicht im Herbst damit an, ein Haus zu bauen, das hat ja praktische Gründe. Auch über die eigentliche Deutung, daß "das wirkliche Hauptmotiv [...] der Alterungsprozess eines Menschen" ist, kann man wohl streiten, man könnte auch die Einsamkeit des Menschen oder die Vergänglichkeit der Dinge (hier wird sich Gliwi freuen) als das "eigentliche" Thema verstehen wollen, aber ich verstehe das Gedicht lieber konkret, ein Herbsttag und das was er bei einem Einzelnen an Gedanken so hervorruft, dies und das eben, nichts Zwingendes, nichts für alle Menschen gleich Geltendes, es wird ja auch nicht jeder wach liegen oder Briefe schreiben, der "jetzt" allein ist oder wer eben mit seiner Freundin da lang gewandert ist, wird ja vielleicht im Winter auch mal einen längeren Brief schreiben.

Einiges aus der Interpretation kann man sicher gut verwenden, das solltest Du aber selbst beurteilen, und ziemlich "werkimmanent" ist sie schon.

Was die Epochen angeht, so zählt man Heym zu den Expressionisten, d.h. aber nicht einfach, daß man seine Dichtung nach typischen Merkmalen des Expressionismus beurteilen sollte, sondern er hat ja diese Strömung mit geprägt, und ragt aus ihr heraus und in ihr findet auch eine ganze Menge anderes Zeug Platz. Anders als bei Rilke war das ganze aber eine Form von Rebellion und Aufruhr gegen das zufriedene groß- und kleinbürgerliche Bewußtsein, mit Schock und Provokation usw., das sieht man ja an der Sprache, die bei Rilkes sozusagen gestillter ist, nicht so laut und aufrührerisch. Im Fall von Georg Heym bedeutet das für mich nicht, daß das Expressive und Übersteigerte seinen dichterischen Rang schmälert, sondern er war eine echte und große Begabung und manche seiner Gedichte finde ich unvergleichlich schön (wie "Deine Wimpern, die langen ..." oder "Letzte Wache"). Aber das hat schon nicht mehr viel mit Deinem Thema zu tun.

Heyms Gedicht ist 1922 erschienen, in: Der Himmel Trauerspiel, Dichtungen von G. H.

Gutes Gelingen
Helle
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Hallo Yoshi
1.deinen Bemerkungen zum Reimschema kann ich überhaupt nicht folgen.
2.Der Jambus ist keineswegs durchgehend, sondern allenfalls überwiegend.
Die Verse 1,2,3,5,6,12 beginnen mit einem Daktylus. Ich denke, gerade diese Daktylus-Anfänge mit Jamben-Fortsetzung spiegeln etwas von der Unruhe des durch die Alleen Wandernden wider. Die Formulierung "mit Absicht" würde ich vermeiden, denn die DichterInnen im allgemeinen und Rilke im besonderen tun a l l e s mit Absicht, und selbst wenn sie es mal nicht täten, würden sie es nie zugeben.
Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
Yoshi
Beiträge: 6
Registriert: 6. Okt 2005, 15:35

Beitrag von Yoshi »

okay das hab ich auf alle fälle zur kenntnis genommen. ich danke auf jeden fal für die ehrlichen meinungen. ich habe die interpretation also ganz leicht geändert und n par sachen weggelassen. mein lehrer hat beide interpretationen die ich inzwischen habe, also zu rilke und zu heym durchgelesen und meinte, dass das so gut ist und ich damit ruhig weiterarbeiten solle. gesgat getan. ich hab jetzt also die rohfassung der facharbeit fertig. wer will kann sich das ganze mal angucken und sich dazu gerne auch noch äußern, wa sich vll ändern sollte.

http://www.sky-board.com/yoshi/facharbeit.doc

Wäre froh, wenn sie nicht ganz in der Luft zerrissen wird. ;) Also viel spaß beim lesen.

cu Yoshi !
Yoshi
Beiträge: 6
Registriert: 6. Okt 2005, 15:35

Beitrag von Yoshi »

okay, mein leherer hat sich das angesehen. meinte ich solle meine interpretation zu rilke überarbeiten, die biografie etwas kürzen, bei heym noch genauer auf die farben eingehen die er verwendet und den vergleich noch etwas anpassen... anja mal sehen was das wird...

cu Yoshi !
ghostman
Beiträge: 1
Registriert: 14. Mai 2007, 19:39

Beitrag von ghostman »

Hallo
kann mir jemand sagen zu welcher epoche Herbsttag gehört :)
Antworten