Rilke mitten im Leben

[K. Bergmann]

An erster Stelle möchte ich mich bei Thilo nachträglich für diese Web- Side bedanken! Persönlich stehe ich schon seit einiger Zeit mit dem Schaffen Rilkes in Kontakt. Während meines Philosophiestudiums, in langen, tief und weit spekulativen Studiennächten, bin ich eines Tages auf die gesammelten Werke R.M.R.' s gestoßen. Seine Ausführungen haben mich seit dem immer wieder zur gründlichen Überlegung und zum nachträglichen Hinterfragen des Alltags und der Dinge des Menschen und der Welt angeregt. Dies liegt der Philosophie dahingehend nahe, weil sie, ähnlich wie Rilke's Schriften, dem Menschen einen hintergründigeren Blick auf die Wirklichkeit der Welt und des Lebens bietet, und von da aus wiederum, als Wissen, Einstellung und Überzeugung, mitten im Leben ausgreift. Dann ist da nicht mehr auf der einen Seite die Kunst, und auf der anderen der Künstler, sondern dann ist da der Mensch, der mitten im Leben sein Leben auf das Wichtigste ausgerichtet hat. Oder wie er es selbst so schön in einen Brief ausgedrückt hat:
„Das ist es, was wir zu lernen haben, auf gewisse Dinge nicht achtgeben; zu gesammelt sein, um an sie, an die man nie mit dem ganzen Wesen heran kann, mit irgendeiner empfindlichen Seite zu rühren. Alles nur mit dem ganzen Leben fühlen; dann bleibt viel (zu schmales) ausgeschlossen, aber alles Wichtige kommt vor...“ (Rilke an Clara Rilke-Westhoff, 22. Februar 1907). Genau dies ist zeitlos von Menschen wie Rilke zu lernen: Das Wichtige und Große nicht nur zu schauen, sich nicht nur hin und wieder, einer Muße gleich, danach aus zu richten, sondern das Wichtige und Große im eigenen Leben ankommen zu lassen, d.h. die eigenen Augen zu einem Blick dafür zu machen. Dann ist Größe auch wahrlich nur noch schwer „wegzubekommen“, wie Rilke bei seinem Aufenthalt in Braunfels 1906 gesagt hat, denn dann lebt sie in uns mitten uns in wahrhaft großen Menschen. - Dank besonders an eine Braunfelserin, die mich zu diesen Gedanken angeregt hat!