Duino Elegie 4

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

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sedna
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Re: Duino Elegie 4

Beitrag von sedna »

vivic,

hast Du die Rezension, auf die stilz hinweist, gelesen?
William Gass, Reading Rilke. Kennst Du dieses Buch?
Mich würde Deine Meinung dazu interessieren.

sedna

P.S. Rilke hat ELEGIEN geschrieben. Und eher tacker ich meine Hände am Tisch fest, als noch mehr Ansicht über diese Vorgabe zu schreiben. Das wäre mir nämlich weitaus unangenehmer ... ;)
die ein ausbrechendes Lied in die Unsichtbarkeit wirft!
Harald
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Re: Duino Elegie 4

Beitrag von Harald »

Was Google noch so alles findet:

Think, shouldn 't the dying be able to intuit how everything we accomplish is full of pretence.

Look, the dying, — surely they must suspect how full of pretext is all that we accomplish here.

Look at the dying people. Do you really think they are still totally unaware how much pretense rules our actions?

Look, surely the dying must suspect/how full of sham are all our ventures
here.

Look: must not the dying guess how full of subterfuge is all we achieve here?

Das Faszinierende an Übersetzungen ist doch die Manifestation von Lesarten, die beim Lesen des Originals meist vorbeihuschen wie die Landschaft am Zugfenster.
... und Anfang glänzt / an allen Bruchstelln unseres Mißlingens
sedna
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Re: Duino Elegie 4

Beitrag von sedna »

Ja, in der Tat, und jede von ihnen noch „unsäglichen Reichthum“ in sich verschließend ...

„how full of subterfuge“ bereitet mir irgendwie diebisches Vergnügen, ob der Sinn einem nun behagt oder nicht, der Ton scheint mir hier exakt getroffen.

„dying people“ kann ich bei Rilke an dieser Stelle (ausdrücklich) nicht finden.
Könnten nicht auch andere ‚Sterbewesen’ gemeint sein?

vivic schrieb:
„Oder vielleicht versuchen Sie selbst eine Uebertragung?“

Sieh mal, vivic, wer sich hier alles um Deinen Fortschritt bemüht ...
Hieltest Du es für vermessen, wenn wir auf Deine Gedanken neugierig wären?

sedna


In solchen Nächten werden die Sterbenden klar,
greifen sich leise ins wachsende Haar,
dessen Halme aus ihres Schädels Schwäche
in diesen langen Tagen treiben,
als wollten sie über der Oberfläche
des Todes bleiben.
Ihre Gebärde geht durch das Haus
als wenn überall Spiegel hingen;
und sie geben - mit diesem Graben
in ihren Haaren - Kräfte aus,
die sie in Jahren gesammelt haben,
welche vergingen.

(Buch der Bilder, 1901, „Aus einer Sturmnacht“ / 7)
die ein ausbrechendes Lied in die Unsichtbarkeit wirft!
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