Quelle des Textes "Zum neuen Jahr"

Rilke-Texte gesucht und gefunden

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fannili
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Quelle des Textes "Zum neuen Jahr"

Beitrag von fannili »

Ich bin verzweifelt auf der Suche nach der Quelle zu folgendem Text, der an verschiedenen Stellen immer wieder Rilke zugeordnet wird (u.a. auch in den Monatsblättern im Jahr 1948), aber ich kann die Orginalquelle nirgendwo finden.
Zum neuen Jahr
Wir
wollen
glauben
an
ein langes Jahr,
das uns gegeben ist,
neu,
unberührt, voll nie gewesener Dinge,
voll nie getaner Arbeit,
voll Aufgabe,
Anspruch und Zumutung.
Wir wollen sehen,
dass wir's nehmen lernen,
ohne allzu viel fallen zu lassen
von dem
was es zu vergeben hat, an die,
die Notwendiges, Ernstes und
Großes von ihm verlangen.


Danke schon mal.
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lilaloufan
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Re: Quelle des Textes "Zum neuen Jahr"

Beitrag von lilaloufan »

Anna sagt hier, dass es aus einem Brief an Clara sei.
l.
»Wir tragen leidenschaftlich den Honig des Sichtbaren ein, um ihn im großen goldenen Bienenstock des Unsichtbaren anzuhäufen.«
Henry Lou

Re: Quelle des Textes "Zum neuen Jahr"

Beitrag von Henry Lou »

Keine Panik, fannili,

es ist, wie Anna und lilaloufan schon sagten, kein Gedicht, es ist eine Prosastelle aus einem Brief Rilkes an seine Frau Clara, datiert vom 1. Januar 1907, geschrieben auf Capri, Villa Discopoli. Rilke beendet den Brief mit den Worten:

"Ich war wieder zu meinem kleinen Hause zurückgegangen
und stand oben auf seinem Dach und wollte in dem allem
ein gutes Ende sehen und einen guten Anfang in mir finden.
Und nun wollen wir glauben an ein langes Jahr, das uns
gegeben ist, neu, unberührt, voll nie gewesener Dinge, voll
nie getaner Arbeit, voll Aufgabe, Anspruch und Zumutung;
und wollen sehen, daß wirs nehmen lernen, ohne allzuviel
fallen zu lassen von dem, was es zu vergeben hat, an die,
die Notwendiges, Ernstes und Großes von ihm verlangen.
. . . Guten Neujahrsmorgen . . ."

(Quelle: Rainer Maria Rilke, Briefe aus den Jahren 1906-1907, Insel-Verlag, 1930)
Da in dieser Ausgabe nichts "Persönliches" abgedruckt wurde, fehlt mir persönlich hier noch Rilkes Unterschrift.

Viel Freude mit Rilke auch im kommenden Jahr

Henry Lou
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