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Verfasst: 29. Mär 2007, 22:41
von Orpheus
Hmmm... Ein Strang mit sehr vielen Fragen und eher wenigen Antworten ist das hier...
Ich finde, Rilke schaut auf den Fotos immer ziemlich ernst aus. War aber vielleicht nicht ungewöhnlich in der damaligen Zeit... Das heißt nicht unbedingt, dass er das Fotografiertwerden nicht gemocht hat... Trotzdem, er guckt meistens nicht gerade fröhlich...

Verfasst: 30. Mär 2007, 07:23
von Paul A.
Hallo ,

weiss jemand, ob es eine Daguerrotypie von Rilke gibt ?

Paul :lol:

Verfasst: 30. Mär 2007, 16:12
von Orpheus
Mal `ne ganz dumme Frage: Was ist denn eine Daguerrotypie?

Grüße
Orpheus

Verfasst: 30. Mär 2007, 19:15
von stilz
Hallo Orpheus,

Um weise zu werden, müssen die Menschen ... halt manchmal auch zu "Wiki-ngern" werden... :wink:

Auf http://de.wikipedia.org/wiki/Daguerreotypie finde ich:
Daguerreotypie ist, wenn das Bild bei der Aufnahme nicht mit einem Spiegel umgelenkt wird, die Abbildung seitenverkehrt dargestellt und eigentlich ein Negativ ist. Je nach Lichteinfall sieht man sie negativ oder positiv, weshalb sie auch als Schein-Positiv bezeichnet wird.

Das scheint zwar nicht wirklich Deutsch zu sein, sondern eher "Wikingerisch", aber ich kann's trotzdem verstehen, also will ich versuchen, diese Definition positiv zu sehen! :lol:

Und: gibt's nun so ein "Schein-Positiv" von Rilke?

Lieben Gruß

stilz

Daguerrotypie und Daguerreotypie

Verfasst: 30. Mär 2007, 23:19
von Orpheus
@ stilz:
Tja, nun, das beantwortet nur leider meine Frage nicht. Ich wollte ja nicht wissen, was "Daguerreotypie" ist, sondern die von Paul angesprochene "Daguerrotypie". *g* Darüber konnte ich nur leider auf Wikipedia nichts finden, und auch nichts in meinem Lexikon, in dem ich natürlich schon vor vielen Stunden, lange vor deinem Beitrag, nachgeschlagen habe... ;-)

Liebe Grüße
Orpheus

Verfasst: 31. Mär 2007, 12:33
von helle
Im insel taschenbuch »RMR, Leben und Werk im Bild«, hg. v. I. Schnack, findet man auch Bilder eines fröhlichen Rilke, so als freundlich blickendes Familienoberhaupt mit, beide weiß gewandet, Frau und Tochter unter Palmenzweigen 1906, und, etwa aus der gleichen Zeit, Rilke schelmisch aus dem Bild hinaus sinnierend (140). Der Dichter freundlich in die Kamera blickend in der Sonne auf einer Steinmauer mit weißen Gamaschen in Sierre, im Hintergrund die unverputzte Steinmauer eines Hauses, auf dem Balkon hängt Wäsche (236), oder lächelnd im Garten von Muzot vor bergigem Hintergrund mit steilem Einstecktuch, zurückgelehnt auf einer Holzbank, um 1925 (243), eine späte Aufnahme auf der Straße, von der Seite, R. im Wintermantel, ein freundlicher älterer Herr mit Spazierstock, flachem Hut und grauen Gamaschen (248) (ohne Gamaschen und Einstecktuch ging ja wohl nichts). Sein häufig überlieferter, durch Lachfalten bezeugter Humor spricht aus einer Aufnahme mit P. Valéry vom September 1926 in Anthy am Genfer See, mit rechter Hand lässig in der Jackentasche (246).

Also, wenn man das Buch so durchsieht, hat man nicht den Eindruck, daß Rilke viel gegen das Photographiertwerden hatte. (Es tut zwar nichts zur Sache, aber mich hat kein Rilke-Photo stärker beeindruckt als das Bild in Uniform, vollkommen erbittert, geradezu angekotzt von den ihn nicht verschonenden Zeitläuften, ein Rilke der Verneinung, S. 195).

Anders scheint es mit dem Portraitiertwerden. Viele haben ihn nicht gemalt, bekannt ist wohl das (unvollendet gebliebene) Bildnis Paula Modersohn-Beckers, und natürlich das von Lou Albert-Lasard, Rilke im schlabbrigen Anzug, die in ihrem Buch "Wege mit Rilke" ein bißchen anekdotisch davon erzählt: "Stefan Zweig und Kokoschka besuchten uns in Rodaun, um Rilkes Porträt zu sehen. Kokoschka sagte mir, er sei sehr böse gewesen, als er hörte, daß Rilke, der es ihm abgeschlagen hatte, für mich gesessen habe." (148) Wenn ich mich richtig erinnere, hat Rilke das Bildnis von Frau Albert-Lasard bejaht, was ihn nicht hindert, 1924 zu schreiben: »was mich angeht. so bin ich allem Abgebildetwerden durchaus und dauernd abgeneigt. Was natürlich nicht versichern will, daß ich nicht doch noch einmal nachgebe, und daß eines Tages ein ebenso künstlerisches wie gültiges Porträt zustande kommt, das dann bestehen mag.« (an W. v. Hulewicz, 10. April)

Was immer er mit dem Wort "bestehen" verbunden haben mochte.

h.

Daguerreotyp

Verfasst: 13. Apr 2007, 07:36
von lilaloufan
Paul A. hat geschrieben:weiss jemand, ob es eine Daguerrotypie von Rilke gibt ?
Hallo Paul,
Rilke schreibt «Daguerreotyp»:
  • Jugend-Bildnis meines Vaters

    Im Auge Traum. Die Stirn wie in Berührung
    mit etwas Fernem. Um den Mund enorm
    viel Jugend, ungelächelte Verführung,
    und vor der vollen schmückenden Verschnürung
    der schlanken adeligen Uniform
    der Säbelkorb und beide Hände -, die
    abwarten, ruhig, zu nichts hingedrängt.
    Und nun fast nicht mehr sichtbar: als ob sie
    zuerst, die Fernes greifenden, verschwänden.
    Und alles andre mit sich selbst verhängt
    und ausgelöscht als ob wirs nicht verständen
    und tief aus seiner eignen Tiefe trüb -.

    Du schnell vergehendes Daguerreotyp
    in meinen langsamer vergehenden Händen.
Du findest es unter http://www.rilke.de/gedichte/jugend-bil ... vaters.htm und unter http://gutenberg.spiegel.de/rilke/gedichte/jugendbi.htm, 1906 in Paris verfasst. Im Februar 1914 kommt Rilke in einem laaangen Brief an Magda von Hattingberg darauf zurück: «Wegen eines kleinen Schadens, der aber vielleicht den Beginn eines Zersetzungsprozesses der Platte ankündigt, lässt er ein Etui anfertigen, um "den weiteren Einfluss des Lichtes völlig auszuschließen... - - oh Liebe, muss ichs Dir noch sagen? - alles das, alles das, um plötzlich, wieder nach Jahren, in dazu ganz unvorbereiteter Stunde, das nieeröffnete Rähmchen hinten aufzureißen und rasch, mit einem unseligen Stück Watte, einzugreifen: den ängstlichen kleinen Schaden natürlich zur wirklichen Zerstörung vergrößernd... Eine Nervosität, eine Ungeschicklichkeit, aber übersetz Dirs nur eine Sekunde ins Unsichtbare, ins Gefühlte, ins Seelische - : und Du wirst nicht wissen, welchen Engel herabbitten über den, der, in Einem, so und so zu handeln vermochte, indem es da geschieht, dass er seine eigene innigste Vorsicht wie ein feindlicher Fremder zu schanden macht."» (zitiert aus dem höchst lesenswerten Aufsatz von Max Lorenzen in http://www.philosophia-online.de/mafo/h ... lkehat.htm)

Re: Rilkes Worte sind wie Bilder

Verfasst: 18. Jul 2008, 19:02
von Mona
Hallo,

ich hole mal diesen etwas älteren Beitrag wieder ans Licht. :wink: Mich interessiert, seit wann sich die Fotografie durchgesetzt hat, ohne so umständlich zu sein, wie man es sich bei alten Fotoaufnahmen vorstellt, mit Guckkasten unter schwarzem Vorhang und so ? Seit wann gehören Bilder zum Alltag zb bei Bewerbungen oder Gruppenbildern ...? Seit wann sind Fotos Teil des öffentlichen Raums ? Das bedeutet für mich auch, dass es sich so gut wie jeder leisten kann, nicht nur der Adel und reiche Leute . Wie war früher die Verbreitung von Fotos, Vervielfältigung... ? Seit wann gibt es Fotoautomaten für Passbilder ... ?

Mona :?

Re: Rilkes Worte sind wie Bilder

Verfasst: 22. Jul 2008, 21:13
von Bo
Fotos ohne Platte und Tuch waren erst mit dem Kleinbildformat und einer entsprechenden Kamera möglich. Auch das Mittelformat mit Rollfilm war nicht die ideale Lösung Die erste Kamera, mit der man gut umgehen konnte, die kein Stativ erforderte und alltagstauglich war, war die Leica. Ein faszinierendes Wunderwerk aus der Mitte der zwanziger Jahre. Es gibt einen Roman von Stephen Spender(The Temple), der bei einem Besuch im damaligen Deutschland das Ding als den letzten Kick der deutschen Großstadtjugend beschrieben hat. Ganz neu für einen jungen Engländer, damals. Die Leica war damals auch das Standardgerät für moderne Bildberichterstatter.
Bo

Re: Rilkes Worte sind wie Bilder

Verfasst: 23. Jul 2008, 00:21
von gliwi
Hallo Mona,
Das Aufstellen der ersten Passbildautomaten, wie ich gerade feststelle, beginnt nicht in den Sechzigern, als ich sie kennenlernte. Es gibt sie anscheinend schon über 100 Jahre. Näheres dazu hier: http://www.susanne-regener.de/texte/rainer_deu.html -
Gruß
gliwi

Re: Rilkes Worte sind wie Bilder

Verfasst: 27. Nov 2009, 16:42
von Barbara
Hallo,

mal wieder ein Radio-Hinweis: heute abend (18:00-19:00) senden wir einen Beitrag zum Futurismus im Freien Radio für Stuttgart, weltweit zu empfangen übers Internet: http://www.freies-radio.de .
Vielleicht hört Ihr mal rein ;-) ?!

Barbara :D

Re: Rilkes Worte sind wie Bilder

Verfasst: 1. Dez 2009, 18:36
von Barbara
Hallo,

wer die Beiträge im Radio verpasst hat oder nochmal reinhören will, sie stehen jetzt auch zum Anhören (und Downloaden) im Internet unter:


http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=30906

http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=30907


... eine kleine vorweihnachtliche Gabe :D

Herzlichst, Barbara

Re: Rilkes Worte sind wie Bilder

Verfasst: 27. Jan 2019, 13:48
von jamesmilner
Guten Tag.
Vielen Dank für ein sehr informatives Thema. Leider hatte ich die gleichen Probleme und endlich fand ich Antworten auf meine Fragen.
Ich möchte auch gerne eine Foto-Cam mit Ihnen teilen, die alles tun kann, anstatt Sie. Wenn Sie Freizeit haben, überprüfen Sie bitte den Link. Ich denke, Sie werden es genießen.
http://fixthephoto.com/blog/tech-tips/relonch-camera-review.html

schöne Grüße
James