Rilke's Worpswede-Buch - begeisternd

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Ingo
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Rilke's Worpswede-Buch - begeisternd

Beitrag von Ingo »

Im Jahr 2003 veranstaltete die Kunsthalle Bremen eine Ausstellung zu dem Buch "Worpswede" von Rainer Maria Rilke. Der Begleitband zur Ausstellung läßt einen vieles Neue sowohl über Rilke wie über die Künstlerkolonie Worpswede lernen.

Das Worpswede-Buch von Rainer Maria Rilke ist von den Rilke-Kennern bis heute nicht ausreichend in seiner Bedeutung erkannt worden. (S. 270ff) Dieser Band gibt nicht nur die Schrift selbst wieder, sondern viefältige Informationen zu seiner Entstehungsgeschichte und Wirkung. (Daß in den ebenfalls mitgegebenen "Kommentaren" die heutigen Kunstwissenschaftler sich fast alle vornehmer und urteilssicherer dünken als Rilke, darüber kann und sollte man schnell hinweglesen.)

Rilkes Worpswede-Buch steht zwischen seiner bedeutsamen Rußland-Reise - zusammen mit Lou Andreas-Salome - und seinem Paris-Aufenthalt bei Auguste Rodin. Es entstand in der kurzen Zeit der glücklichen Ehe Rilkes, als er im Nachbardorf von Worpswede ansässig war und in engem Austausch mit den Künstlern und ihren Frauen stand. (S. 230ff) Auf eine zweite Rußland-Reise hatte Rilke verzichtet, um eine Worpsweder Künstlerin zu heiraten. Der Maler Fritz Mackensen (berühmt durch sein Bild "Der Säugling" von 1892 - s. S. 39) nennt das Buch "wohl das Hervorragendste, was je über Kunst geschrieben worden ist". (S. 281) Auch der Maler Paul Modersohn äußerte sich - mit Recht - begeistert. (S. 169) Der Schriftsteller Manfred Hausmann eiferte - wie manch anderer - der Schrift nach. (S. 277) Ebenso der Maler Heinrich Vogeler später als Propagierer der Sowjet-Kunst. (S. 284f)

Nach Abschluß dieser Schrift ging Rilke zu Auguste Rodin nach Paris, wo er seine berühmte Rodin-Schrift verfaßte und eine neue, vertiefte Einstellung zu Kunst und Leben entwickelte. Das durchgängig sichere (und treffsichere) Urteil Rilkes in dieser Schrift war nur möglich, weil er selbst innerlich in seinem Leben und in seiner Kunst schon viel weiter war als die Künstler von Worpswede. Diese standen oft noch der damaligen Heimatkunst-Bewegung nahe, bzw. entfernten sich niemals allzu deutlich von ihr.
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