Schiller- (bzw. Deutinger-) Zitat

Moderatoren: Thilo, stilz

Antworten
Benutzeravatar
lilaloufan
Beiträge: 863
Registriert: 18. Apr 2006, 18:05
Wohnort: Groß-Umstadt (Südhessen)
Kontaktdaten:

Schiller- (bzw. Deutinger-) Zitat

Beitrag von lilaloufan »

Zum Neuen Jahr ein lieber Gruß in die Runde – und gleich zwei Anfragen, die eigentlich hier im Rilke-Forum nur unter »Varia« „passen“.

Die Vorgeschichte: Hier in Frankfurt gibt es einen schrillen, aber höchst angesehenen Kunstverein in einem passend ungewöhnlichen Domizil im früher einmal industriell geprägt gewesenen Frankfurter Osten. Auf der Suche nach der Erklärung für den Namen dieses Kunstvereins stieß ich auf Martin Deutinger (*1815; ✝1864), jenen immerhin mutigen katholischen Moralapostel, der wegen seiner öffentlichen Missbilligung der erotischen Eskapaden von Lola Montez mit dem bayrischem Monarchen zunächst bei seinen kirchlichen Feudalherrschern in politisch gebotene Ungnade fiel, bevor die Vorzeichen der 1848-er Ereignisse es der Kurie opportun erscheinen ließen, der empörten Volksstimme auch gegenüber dem Hochadel zu willfahren.

Und dieser Martin Deutinger schreibt in seinen „Fünf Vorlesungen: Ueber das Verhältniß der Poesie zur Religion; gehalten im Frühjahr 1861 im Saale des k. Odeon zu München“ (1915) Bemerkenswertes:
  • »Die Wirklichkeit, welche dem Geiste erfaßbar ist, ist eine andere als die, welche den Sinnen erscheint. Jene höhere Wirklichkeit zu erfassen und in sinnlich anschauliche Bilder zu kleiden, ist das Werk der Kunst; diese Bilder in Worte zu verklären, das Werk der Poesie. Wo es dem menschlichen Geiste gelingt, den Funken des Lichtes festzuhalten, der aus dem Leben überall da hervorbricht, wo die Ewigkeit die Zeit berührt, und diesen Geistesblick in Worte zu fassen, da ist Poesie. Statt das Wirkliche zu verflüchtigen, verwirklicht sie das Ewige und verewigt das Wirkliche. Das innere verborgene Geheimniß des Lebens offenbar zu machen und in durchsichtigen Worten auszusprechen, ist ihr Wesen und ihre Macht.«
Nun erinnere ich mich, auf der deutschen Site des Unesco-Internationalen Jahr des Lichts die oben von mir fett hervorgehobene Formulierung meinem Friedrich Schiller zugeschrieben gesehen zu haben, finde dieses Zitat allerdings im Web nirgends verifiziert — und wo soll ich diesen Satz (bzw. einen damit verwechselbaren Schiller-Aphorismus) in der regalfüllenden Schiller-Werkausgabe finden?

● Weiß das jemand unter euch? Und:
● Ob Rilke diese Vorlesungen gekannt haben mag?

Liebe Grüße,
Christoph
»Wir tragen leidenschaftlich den Honig des Sichtbaren ein, um ihn im großen goldenen Bienenstock des Unsichtbaren anzuhäufen.«
Antworten