Rilke und die Romantik

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.Sabine.
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Rilke und die Romantik

Beitrag von .Sabine. »

Hallo,

war Rilke ein Romantiker ?

Sabine :D
"Ich lerne sehen.... " (Rainer Maria Rilke)
gliwi
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von gliwi »

ich verstehe die Frage nicht. Meinst du, ob er der Epoche angehörte? Oder meinst du, ob er Elemente der Romantik in seine Dichtung aufgenommen hat? Ob er persönlich ein Romantiker war und wenn ja, in welchem Sinne? Was verstehst du unter "Romantiker"?
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
gliwi
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von gliwi »

Hallo, Sabine? Magst Du Deine Frage nicht ein wenig genauer stellen? Habe ich Dich entmutigt? Dann gebe ich dir eine klare Antwort auf die von dir gestellte Frage: Nein.
Gruß
gliwi
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lilaloufan
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von lilaloufan »

Liebe .Sabine,

dem Nein stimme ich zu und gehe noch weiter: Gerade die Schlüsselstelle, die Deine Signatur bildet, lässt doch deutlich werden, dass Rilke gar nicht irgendwas IST: «Ich weiß nicht, woran es liegt, es geht alles tiefer in mich ein und bleibt nicht an der Stelle stehen, wo es sonst immer zu Ende war. Ich habe ein Inneres, von dem ich nicht wusste. Alles geht jetzt dorthin. Ich weiß nicht, was dort geschieht.»

Das ist aus der ersten der Aufzeichnungen des Malte Laurids «Brigge, der achtundzwanzig Jahre alt geworden ist und von dem niemand weiß. Ich sitze hier und bin nichts. Und dennoch, dieses Nichts fängt an zu denken und denkt, fünf Treppen hoch, an einem grauen Pariser Nachmittag diesen Gedanken: Ist es möglich, denkt es, dass…» So schreibt nicht einer, der sich schon zugeordnet hätte, der schon „etwas“ ist. {Neinnein, auch Maltes Autor könnte so nicht schreiben, der ist doch gewissermaßen Maltes Schüler :).}

Im ersten Zeugnis unseres jüngsten Sohnes, der schon damals sich dagegen wehrte, zu den szenischen Spielen seiner Schulzeit Kostümierung anzuziehen oder gar sich zu schminken, stand hierzu: „Er möchte halt niemand anderes als der Laurens sein.“ Ein Begriff wie „Romantiker“ ist eine Uniform, mindestens eine Art Verkleidung. Rilke kann niemand anderes als Rilke sein.

meint
l.
»Wir tragen leidenschaftlich den Honig des Sichtbaren ein, um ihn im großen goldenen Bienenstock des Unsichtbaren anzuhäufen.«
.Sabine.
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von .Sabine. »

Hallo,

entschuldigt, dass ich mich erst jetzt wieder melde ! Die letzten Tage bin ich unterwegs gewesen und hatte keine Gelegenheit hier vorbeizuschauen !

Meine Frage bezieht sich - deshalb steht sie unter Sonstiges aus Rilkes Leben - auf die Persönlichkeit Rilke ! Ganz besonders interessiert es mich, ob er sich gegenüber Frauen wie ein Romantiker verhielt !?

Noch einen wunderschönen Abend wünscht ,

Sabine :D
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gliwi
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von gliwi »

Ja, Sabine, jetzt muss ich wieder zurückfragen: meinst du damit Eichendorff, die Brüder Schlegel, Clemens Brentano, Achim von Arnim, ...
oder meinst du das in diesem trivialen Sinn, dass einer Rosen schenkt und ein Kerzenlicht-Diner veranstaltet und Liebesbriefe verfasst?
Gruß
gliwi
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.Sabine.
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von .Sabine. »

Hallo,

nun ja, zunächst mal im trivialen Sinne :wink: . Aber man könnte dabei selbstverständlich auch an Bettine von Arnim (und Goethe und/oder Rilke) denken :) !

Sabine :D
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gliwi
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von gliwi »

Hallo Sabine,
darüber weiß ich nicht viel. Er war auf jeden Fall ein Frauenversteher, und ich wüsste keinen Fall, wo er eine haben wollte und sie nicht gekriegt hätte. Ich kenne auch kein Gedicht, das Liebeskummer ausdrückt. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weiß auch nicht recht, wozu das gut sein soll.
Gruß
gliwi
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stilz
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von stilz »

.Sabine. hat geschrieben:Ganz besonders interessiert es mich, ob er sich gegenüber Frauen wie ein Romantiker verhielt !?
Liebe Sabine,

zu dieser Frage möchte ich zwei Passagen aus einem der Kappus-Briefe (14. Mai 1904) zitieren:
  • Eines Tages (wofür jetzt, zumal in den nordischen Ländern, schon zuverlässige Zeichen sprechen und leuchten), eines Tages wird das Mädchen da sein und die Frau, deren Name nicht mehr nur einen Gegensatz zum Männlichen bedeuten wird, sondern etwas für sich, etwas, wobei man keine Ergänzung und Grenze denkt, nur an Leben und Dasein -: der weibliche Mensch.

    Dieser Fortschritt wird das Liebe-Erleben, das jetzt voll Irrung ist (sehr gegen den Willen der überholten Männer zunächst), verwandeln, von Grund aus verändern, zu einer Beziehung umbilden, die von Mensch zu Mensch gemeint ist, nicht mehr von Mann zu Weib. Und diese menschlichere Liebe (die unendlich rücksichtsvoll und leise, und gut und klar in Binden und Lösen sich vollziehen wird) wird jener ähneln, die wir ringend und mühsam vorbereiten, der Liebe, die darin besteht, daß zwei Einsamkeiten einander schützen, grenzen und grüßen.
Und:
  • Liebhaben von Mensch zu Mensch: das ist vielleicht das Schwerste, was uns aufgegeben ist, das Äußerste, die letzte Probe und Prüfung, die Arbeit, für die alle andere Arbeit nur Vorbereitung ist.
Wenn Du unter "romantisch" das "triviale", bloß konventionelle Verhalten eines Mannes einer Frau gegenüber verstehst, aus Höflichkeit, oder auch, um sie "rumzukriegen" :wink: - in diesem Sinne war Rilke meiner Meinung nach nicht "Romantiker".
Allerdings schien er den "weiblichen Menschen" viel deutlicher auf dem Weg zu dieser "Liebe von Mensch zu Mensch" zu empfinden, gerade im "Malte" kommt das immer wieder zum Ausdruck, oder auch an dieser Stelle desselben Kappus-Briefes:
  • Dieses in Schmerzen und Erniedrigungen ausgetragene Menschentum der Frau wird dann, wenn sie die Konventionen der Nur-Weiblichkeit in den Verwandlungen ihres äußeren Standes abgestreift haben wird, zutage treten, und die Männer, die es heute noch nicht kommen fühlen, werden davon überrascht und geschlagen werden.
Vor diesem "auf dem Weg sein" der Frau wollte er sich "verbeugen", das wollte er "ehren". Und empfand, daß Goethe es in seinen Antwortbriefen an Bettine nicht "genügend" (jedenfalls nicht ihm, Rilke, genügend) getan hatte.
Und auf diesem "Weg von Mensch zu Mensch" war Rilke auch selber unterwegs und sich seiner Mühen sehr bewußt. An Goethe kritisierte er wohl, daß er den Schritten auf ihn zu in der Art, wie Bettine sie machte, nicht in gleicher Weise entgegenkommen wollte (sicherheitshalber möchte ich anmerken, daß ich damit nicht sagen will, daß ich Rilkes Urteil in dieser Sache teile. Eines solchen Urteils möchte ich mich lieber enthalten.).

Die Gesten der Liebe auf diesem Weg "von Mensch zu Mensch" allerdings mögen sich, rein äußerlich betrachtet, oft nicht von denen eines "Romantikers" im trivialen Sinn unterscheiden... und so würde es mich auch nicht wundern, wenn jemand Deine Frage doch mit "JA" beantwortet...

:D Eine kurze Frage ("War Rilke ein Romantiker?") bedeutet halt nicht immer, daß es auch eine kurze Antwort gibt...

Mir fällt dazu die Antwort des Sokrates auf die Frage "Was ist schön?" ein (nachzulesen in Platons "Gastmahl"):
  • Mit jedem Handeln steht es so: an sich ist es weder schön noch häßlich. Was wir jetzt tun, trinken, singen oder reden, davon ist nichts an sich schön. Erst im Vollzug, wie es ausgeführt wird, erhält es seinen Charakter. Schön und richtig vollzogen wird es schön, unrichtig vollzogen häßlich.
Lieben Gruß!

Ingrid
"Wenn wir Gott mehr lieben, als wir den Satan fürchten, ist Gott stärker in unseren Herzen. Fürchten wir aber den Satan mehr, als wir Gott lieben, dann ist der Satan stärker." (Erika Mitterer)
.Sabine.
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von .Sabine. »

Hallo,

ja, kurze Fragen bringen manchmal diffiziele Antworten und mich beschäftigt, gliwi, immer noch die Frage der Beziehung zwischen Rainer Maria Rilke und Paula Becker . In manchen Darstellungen scheint er sie gewollt , aber nicht bekommen zu haben. Nicht zu allen Frauen hatte er wohl ein romantisches Verhältnis, denkt man einmal an Claire Goll oder Else Lasker-Schüler, oder auch an Margarete Susman. Letztere hätte er wohl gern gewollt, aber sie ihn nicht :wink: .

Sabine :D
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gliwi
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Re: Rilke und die Romantik

Beitrag von gliwi »

Siehst du, Sabine, da weißt du viel mehr als ich.
Gruß
gliwi
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