Rilke und Drogen???

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Ein Fan...

Rilke und Drogen???

Beitrag von Ein Fan... »

Konsumierte Rilke bewusstseinserweiternde Mittel?
Wahrscheinlich kommt diese Frage einer Majestätsbeleidigung gleich, dennoch stelle ich sie bewusst und aus sehr sehr vielen Gründen...
Mein Interesse daran ist wirklich immens, zumal ich keinerlei Ausführungen darüber finden kann.
Allerdings lebte Rilke in einer dafür prädestinierten Zeit und Sigmund Freud zählte unter anderem zu seinem Bekanntenkreis (und er ist für seine Forschungen und Selbstversuche bekannt)...für diese These sprechen darüber hinaus sehr viele Abschnitte in Rilkes Biografie und natürlich auch in seinen Werken.
Also ich wäre für eine Diskussion, Hinweise oder Verweise auf Texte o.ä. sehr dankbar.
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

Hallo,
in Künstlerkreisen war meines Wissens Absinth (ein ziemlich ungesundes Gebräu aus Wermut mit Zusatz von Anis und Fenchel) eine verbreitete "Softdroge". Ob Rilke dieses Zeug konsumierte, ist mir nicht bekannt - probiert hat er es bestimmt irgendwann mal.
Ansonsten war Rilke sicherlich nicht betrübt darüber, dass Freud nicht zu seinem engeren Bekanntenkreis gehörte! Der indirekte Kontakt (mit kurzer Begegnung, glaube ich) über seine Freundin Lou Andreas-Salomé hat ihm ganz bestimmt vollauf genügt!

Viele Grüße :D
e.u.
Beiträge: 320
Registriert: 5. Jun 2003, 10:29

Beitrag von e.u. »

Hallo,
ich weiß nicht, ob Rilke so sehr mit Drogen zu tun hatte. Er rauchte (wohl) nie und gelegentlich schreibt er, dass er keinen Alkohol trinke (auf Fotos habe ich auch keine Gläser gesehen) und vegetarisch esse. Aber das muss sicher nicht rigoros gegolten haben.
Für die 'Kunst' hatte er wohl andere wichtiger Stimulanzien: Exzessives Briefeschreiben als Einübung in wichtige Schreibprozesse. Dann auch fast selbsterzwungene Briefpausen und Isolation (vor allem in den späteren Jahren). Sicher spielten für ihn Bücher, Bilder und Skulpturen eine wichtige Rolle, an denen sich sein Schreiben entzündete, manchmal - aber das ist eigentlich eine banale Feststellung - auch eine Liebesbeziehung.
Offenbar spielte die Musik eine weniger wichtige Rolle. Er hat ganz drollige Sätze über Schallplatten als Stimulanz für den späten Rodin (November 1909) geschrieben, drollig, weil wir heute es fast alle gewohnt sind, zur Musik zu arbeiten. Aber auch da hatte Rilke einen eigenen Geschmack.
Aber mit den Drogen hatte Rilke wohl keine Probleme - ich vermute, er war clean.
o.k.?
e.u.
gliwi
Beiträge: 941
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Beitrag von gliwi »

Er wirkt jedenfalls völlig appolinisch und hat - trotz seines Äußeren - so gar nichts Dionysisches an sich. Manchmal habe ich schon vermutet, er habe sich an seinen eigenen Reimen berauscht. Mir kommt so vor, als habe er jedes damals gebräuchliche deutsche Wort irgendwo im Reim verwendet.
Gruß gliwi
Ein Fan...

Danke!

Beitrag von Ein Fan... »

Vielen dank für die sachkundigen Antworten.
Ihr habt mir wirklich sehr weitergeholfen. Ich gehe jetzt auch davon aus, dass der gute Mann das hat sein lassen, was seinem Genie nur noch mehr Respekt meinerseits abverlangt.
Liebe Grüsse und eine frohes Weihnachtsfest wünsche ich euch...!
Wasmut

Beitrag von Wasmut »

hallo zusammen,

ja ich stimme dem zu, was gliwi sagt, Rilke konnte sich tatsächlich an seinen eigenen Reimen berauschen. Allein wenn ich daran denke, in welch euphorische Art er verfallen konnte, als er auf Muzot am Schaffen war.

Er brauchte sicherlich keine Droge, sein Genie war wirklich Droge genug. Man stelle sich vor, wie ein Mensch mit solcher Begabung sich in der Gegenwart seiner kreativen Schöpferkraft re-produziert und gleichzeitig sich drinnen versenkt und - schlicht gesagt - sich daran berauscht, weil sein tiefes Empfinden es ermöglicht!

In der modernen Wortneuschöpfungskunde würde so einer wohl als "Metaphysisches Perpetuum Mobile meditativer Spezialtechniken" bezeichnet werden. - Oder gar als "Sprachalchimist" der Neuzeit?

Schaue ich mir das Bild Rilkes auf dem Buch „Insel Almanach auf das Jahr 1977 – Reiner Maria Rilke 1875 bis 1975“ an, so denke ich zuerst an einen , der etwas beschwört - und sei es lediglich die "Kunst / Alchemie des Wortes"?

Beste Grüße,

Wasmut
gliwi hat geschrieben:Er wirkt jedenfalls völlig appolinisch und hat - trotz seines Äußeren - so gar nichts Dionysisches an sich. Manchmal habe ich schon vermutet, er habe sich an seinen eigenen Reimen berauscht. Mir kommt so vor, als habe er jedes damals gebräuchliche deutsche Wort irgendwo im Reim verwendet.
Gruß gliwi
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