Hölderlin und Rilke

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Paul A.
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Beitrag von Paul A. »

Hallo,

und um noch mal aufs Thema Hölderlin und Rilke zu kommen, auch bei Friedrich Hölderlin finden wir es - wenn es beispielsweise im Gedicht Die Nacht heißt:

Seyd gegrüßt, ihr zufluchtsvolle Schatten,
Ihr Fluren, die ihr einsam um mich ruht;
Du stiller Mond, du hörst, nicht wie Verleumder lauren,
Mein Herz, entzückt von deinem Perlenglanz.
...

Paul :lol:
"... Knaben, o werft den Mut/ nicht in die Schnelligkeit,/ nicht in den Flugversuch./ Alles ist ausgeruht:/ Dunkel und Helligkeit,/ Blume und Buch." (R.M. Rilke)
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Volker
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Beitrag von Volker »

Ha! Das ist so recht nach meinem Geschmack! :wink:
Eine Diskussion über die Rechtschreibreform!
Daran beteilige ich mich gern. Denn: :P :
Mit Worten läßt sich trefflich streiten....




@ stilz:
WAS, schreibt man jetzt tatsächlich "Gämse"??? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Das ist ja mehr als dämlich. (Oder schreibt man jetzt etwa "demlich"?)

gliwi hat geschrieben: Es gibt keine drei gleichen Vokale hintereinander! (Nur die drei Konsonanten sind jetzt endlich einheitlich und damit logisch.)
So so, das soll also "logisch" sein?
Bitte, warum soll man nicht "Seeen" mit drei e schreiben, wenn man die Mehrzahl in der Betonung hervorheben will, also gesprochen wie See-en?
Das wäre zumindest viel "logischer", als das unsägliche "Schifffahrt" mit drei f. Es sagt nämlich kein Mensch "Schiff-fahrt", sondern einfach nur Schiffahrt. Wenn ich keine Ahnung von der Schiffahrt habe, dann komme ich vielleicht auf den Gedanken: ach ja, Schiff und Fahrt, also "logisch": Schifffahrt. Sieht aber einfach lächerlich aus, finde ich. Wenn ich eine Fahrt mit dem Schiff meine, dann kann ich doch auch einfach "Schiffsfahrt" schreiben. Aber bitte nur gelten lassen für Fahrten über den Bodensee - nicht für Atlantik-Überquerungen! :wink:

Drei Effs: Nun kommt mir bloß nicht mit der berühmten Sauerstoffflasche, die man ja vorher auch schon mit drei f schrieb. Da spricht man nämlich tatsächlich - getrennt betont - Sauerstoff-flasche.
Ach übrigens, sagt mal: wie schreibt man jetzt "Stoff-fetzen"? - Nach der Logik also auch mit drei f ? :wink: Textverarbeitung sagt: Ja.

Ich finde aber den Versuch, die Rechtschreibreform mit "Logik" erklären zu wollen, sowieso widersinnig und falsch. Sprache, auch die geschriebene, kann man nie mit Logik erklären. Man hätte besser daran getan, bei der Reform die "Logik" außen vor zu lassen und sich stattdessen nach dem zu richten, wie ein Wort gesprochen wird (oder besser: hochdeutsch gesprochen werden sollte).

Noch etwas zur "Logik" der Reform:
Mit welcher Logik wird denn erklärt, dass man jetzt "zurzeit" klein und in einem Wort schreibt (früher: "zur Zeit") andererseits aber "so genannt" in zwei Wörtern getrennt? Da scheint mir doch bei den Machern der Reform die "sogenannte" Logik abhanden gekommen und einer gedankenlosen Willkür gewichen zu sein.

Oder nehmen wir das viel verwendete "mithilfe" - jetzt klein und in einem Wort zu schreiben. Steht dies Wort am Satzanfang (was ja häufig genug vorkommt) dann steht da: "Mithilfe von..." usw - Nun gibt es das Wort aber auch als Hauptwort, die "Mithilfe" von Freunden zum Beispiel, sehr gefragt bei Umzügen usw. - Und so muss ich jetzt, wenn ich auf dies Wort stoße, immer erst ein Stück weiterlesen, bis ich aus dem Zusammenhang erkenne, ob die "Mithilfe" gemeint ist oder doch "mit Hilfe von".

Blöd find ich das. Und leider gibt es eine ganze Menge solcher Beispiele.

Ich will gar nicht bestreiten, dass (!) die Reform auch Verbesserungen gebracht hat, die durchaus sinnvoll sind. Und im übrigen zeigt mir die Textverarbeitung sofort durch rote Unterstreichung an, wenn ich aus Gewohnheit etwas nach der alten Version und eben falsch geschrieben habe. Ich kann also damit leben. Den "Delfin" finde ich auch gar nicht mal schlimm. Schließlich schreiben wir auch nicht mehr "photographieren". Das ist nun mal die neue deutsche Verkehrtschreibung! Die wird nicht mehr rückgängig gemacht. Nur soll mir niemand kommen und behaupten, die Reform sei doch so "logisch".

PS:
Noch etwas, was ich ärgerlich finde: Das Wort "rau" - früher "rauh". Gut, das h am Ende hört man nicht in der Alltagssprache. Aber trotzdem: das "h" gehört einfach dazu, das sagt mir mein "innerliches" Ohr. Auch wenn das "h" akustisch nicht wahrnehmbar ist, es gehört doch zum Gesamtklang des Wortes dazu: Auf die Endung kommt es an. Es muss anders klingen als "lau", "blau" oder "flau"! Ein rauher Wind ist ewas anderes als ein laues Lüftchen!


PPS:
Rilke und andere dürfen auch gern "Seeen" schreiben, finde ich.
Ich hab' auch Verstand.©
gez. Volker
Henry Lou

Re: Hölderlin und Rilke

Beitrag von Henry Lou »

Meine verspätete Empfehlung:

Rainer Maria Rilke – Norbert von Hellingrath. Briefe und Dokumente. Göttingen: Wallstein 2008.

Das Buch ist zwar förmlich fast unlesbar, da man zwischen den Fußnotenclustern Mühe hat, den Fließtext wieder zu finden – aber es lässt sich hervorragend damit arbeiten.
Selbstverständlich findet sich dort auf S. 122 auch ein Originalabdruck des Gedichts „An Hölderlin“ in einem Brief an Marie von Hellingrath vom 26. Oktober 1914, und dort schreibt Rilke „Seeen“ mit 3 e.
(Und – worauf helle schon hinwies - in der 14. Verszeile natürlich „Theilnehmende“)

Zum Schluß noch ein Schmankerl aus einer Fußnote zu einer Publikation von Bernhard Böschenstein:

„anhand seiner Belege zu Rilkes sprachlichen und gedanklichen Rückgriffen auf Hölderlin, nicht zuletzt der „Anmerkungen zum Ödipus“, kommt er zum Schluß, dass die „Duineser Elegien“ ohne diesen „Hölderlinschock“ ihre „ausgeweitete Sprache nicht erlangt hätten.“

Henry Lou
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