Rilke & Schiller & Selbsterziehung

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lilaloufan
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Rilke & Schiller & Selbsterziehung

Beitrag von lilaloufan »

Im vierten der ästhetischen Briefe spricht Schiller von dem reinen, idealischen Menschen, den jeder individuelle Mensch, der Anlage und Bestimmung nach, in sich trage, und „mit dessen unveränderlicher Einheit in allen seinen Abwechselungen übereinzustimmen die große Aufgabe seines Daseins ist.“

Rilke spricht in dem berühmten Brief an Witold Hulewicz ebenfalls von der Aufgabe des Menschseins: „…unsere Aufgabe ist es, diese vorläufige, hinfällige Erde uns so tief, so leidend und leidenschaftlich einzuprägen, dass ihr Wesen in uns «unsichtbar» wieder aufersteht.“
Wie hat sich Rilke eigentlich zu Schiller gestellt; sind Äußerungen bekannt? Bei Siegfried Unseld steht meiner Erinnerung nach nur über Rilkes Einstellung zu Goethe etwas, und das betraf ja mehr den Menschen und Künstler, nicht so sehr den philosophischen Repräsentanten dessen, was wir Heutigen „Deutschen Idealismus“ nennen.

Ich habe vor ein paar Tagen einmal den Gedanken entwickelt, dass die beiden Aussagen über die Aufgabe des Menschen zwar zunächst polar scheinen, dass ihr Gegensatz aber in Eins, in Koïnzidenz, falle in der Geste der Selbsterziehung.

Meine Gesprächspartner fanden meinen Gedankengang zwar interessant, aber ich bin nun nicht sicher, ob Rilke in dem Begriff „Selbsterziehung“ sein Anliegen wiedergefunden haben würde.
»Wir tragen leidenschaftlich den Honig des Sichtbaren ein, um ihn im großen goldenen Bienenstock des Unsichtbaren anzuhäufen.«
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