Ewald Tracy

Ewald Tragy, Die Turnstunde, Geschichten vom lieben Gott und weitere Erzählungen

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Gast

Ewald Tracy

Beitrag von Gast »

Hallo,

hat hier zufällig schon jemand die Novelle "Ewald Tracy" von R.M. Rilke gelesen und kann kurz sagen, worum es da geht ? Ich habe nur gehört, dass sie biographische Bezüge haben soll .

Danke und Grüße :lol:
Renée
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Ewald Tragy

Beitrag von Renée »



Lieber Gast,

Rilke schrieb die Skizze "Ewald Tragy" in der zweiten Hälfte des Jahres 1898 nieder. Er hat sie nie veröffentlicht und sich auch zu dieser Arbeit nicht geäußert.

Das hatte sicher auch den Grund, dass er im ersten Teil den Abschied eines jungen Dichters aus Prag beschreibt - mit unübersehbaren Bezügen zu seiner eigenen Situation dort - und im zweiten Teil dann die Anfänge "Ewalds" in München mit Zimmersuche und neuen Beziehungen, etwa der zu Jacob Wassermann (unter anderem Namen).

Den Namen "Ewald" hat er dann im Zusammenhang mit den "Geschichten vom lieben Gott" nochmal verwandt - dort gibt es einen "lahmen Ewald " als Erzähler.

Du kannst Dir den Text leicht beschaffen: Ewald Tragy", nicht "Tracy".

Einen guten Abend wünscht Renée
gliwi
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Beitrag von gliwi »

hallo Barbara,
wäre es wohl möglich, diesen E.Tragy hier als Text einzustellen? :?: Bin neugierig drauf geworden. Wenn frau in Google sucht, wird klar, dass er vor allem im nichtdeutschsprachigen Raum rezipiert wird. Aber der Text ist wohl nirgends zu finden.
Gruß
Christiane
Barbara
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Beitrag von Barbara »

Hallo gliwi,

leider habe ich den Text noch nicht im Internet gefunden . So heisst es wohl mal wieder abschreiben ... Da ich dabei aber noch immer im Mitterer-Briefwechsel stecke, kann es noch eine Weile dauern ... Vielleicht findet sich ja eine helfende Hand , die mich beim Abschreiben unterstützen kann ?!

Nachtrag Anfang März: ich habe jetzt mit dem Abschreiben begonnen und hoffe, dass ich es dann in den nächsten Wochen ins Netz stellen kann ...

Viele Grüße von Barbara :lol:
Susi

Rilke und Humor

Beitrag von Susi »

Hallo,

habe gerade den Anfang von "Ewald Tragy" gelesen und finde ihn urkomisch. Rilke hätte ebenso gut Satiriker werden können - so wie der die Gesellschaft beschreibt . Frage: wollte er das die Erzählung so tragikomisch , satirisch bei den Lesern ankommt ? Dann könnte das auch eine Antwort auf die Frage sein, ob Rilke Humor hatte ... Wie wurde das , was mir satirisch zu sein scheint, zu seiner Zeit aufgenommen ?

Danke für Hinweise und schönen Abend noch wünscht
Susanne :lol:
e.u.
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Beitrag von e.u. »

Hallo,
Rilke hatte seine Erzählung (ohne Titel, vermutlich 1898 entstanden) sorgfältig als Reinschrift in der 'Schublade' gelassen. Zu seinen Lebezeiten wurde sie nie gedruckt, er hat sie nie schriftlich erwähnt.
Auch später war sie nur einem recht kleinen Leserkreis zugänglich. Bekannter wurde die Geschichte erst mit der Aufnahme in die Sämtlichen Werke (Hg. von Ernst Zinn), d.h. seit etwa 50 Jahren. - Da hatte sich aber das öffentliche 'Rilke-Bild' schon längst gefestigt. Humor kam darin wenig vor, Satire kaum. Aber das kann sich wieder ändern. Sicher gibt es davon mehr zu entdecken. Vielleicht ergäbe das eine eigene 'Spalte' - Humor bei Rilke?
e.u.
helle

Beitrag von helle »

Das ist nur eine technische Anmerkung - es sind jetzt, glaube ich, 20 verschiedene Themen (= Schlagzeilen, die Spaltenzahl ist ja konstant), nimmt man nur die zu Rilkes Werk, bleiben etwa ein Dutzend. Für meinen Geschmack zu viel, mich lädt, bei allen Vorzügen, die es haben mag, das reiche Angebot nicht ein, ihm zu folgen. Drei oder vier Themengebiete fände ich besser. Das sehen andere sicher anders. Aber weiter anbauen fände ich labyrinthisch.

Gruß H.
e.u.
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Beitrag von e.u. »

Hallo,
so systematisch war das nicht von mir gemeint, eher: dass man überlegen könnte, ob man bei der Navigationsleiste links unter 'Forum' - noch etwas abgesetzt - eine Rubrik 'Humor' unterbringen könnte. Dort könnte man humorvolle Rilke-Texte (ohne Kommentare) abspeichern. Das müsste ja nicht ewig existieren und wenn sich keine entsprechende Nachfrage ergibt, könnte man das wieder einstellen.
Letztlich ist das aber in der Technik eine Sache, die Thilo entscheiden (und durchführen, betreuen usw.) muss. Dem will ich gar nicht vorgreifen.
Also nichts für ungut!
e.u.
Barbara
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Beitrag von Barbara »

Hallo helle und e.u.,

gliwi hat unter Sonstige Anregungen und Kritik schon eine ganz ähnliche Frage gestellt - s. "Parodie"...

Hallo Alle,

Für alle an der Erzählung "Ewald Tragy" Interessierten und Neugierigen:
der erste Teil der Erzählung steht jetzt bereits online unter
http://www.rilke.de/erzaehlungen/ewald_tragy.htm

Viel Spaß beim Lesen wünscht Barbara
:lol:
Susi

Beitrag von Susi »

Hallo,

habe inzwischen mit dem zweiten Teil der Erzählung begonnen . Interessieren würde mich, ob es die Finkenstrasse 17 in München, wo Ewald unterkommt, tatsächlich gibt und in welchem Stadtteil diese liegt ?! Weiss das jemand hier ?

Susanne :lol:
Barbara
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München Maxvorstadt ;-)

Beitrag von Barbara »

Hallo Susanne, hallo Alle,

habe gerade mal etwas recherchiert und es gibt tatsächlich eine Finkenstrasse in München. Sie gehört zur Maxvorstadt (Universität) . Allerdings ist sie relativ kurz auf dem Stadtplan und es ist nicht ersichtlich, ob es eine Nummer 17 (bei Frau Schuster :wink: ) gibt . Das müssten die Münchner mal direkt vor Ort überprüfen ;-) !

Was ich auch noch herausgefunden habe: Rilke selbst hat in München u.a. in der Finkenstrasse 2/IV gewohnt (1913/1915).

Beste Grüße von Barbara :lol:

... ansonsten bin ich gerade noch dabei den zweiten Teil abzuschreiben von "Ewald Tragy" :lol:
Fritz
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Ewald und Malte

Beitrag von Fritz »

Hallo,

irgendwie erinnert mich dieser zweite Teil an den "Malte": die Orientierung(slosigkeit) in einer fremden Stadt, das Suchen nach einer (neuen) Identität... Auch wird hier - wie im "Malte" die "rue Toullier" im ersten Kapitel - eine genaue Wohnortbezeichnung ("Finkenstrasse...") gegeben . Es scheint sich um eine frühe Form des "Malte"-Themas zu handeln ? Was meint Ihr ? (Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen beiden Texten.)

Grüße von Fritz :lol:
Paul A.
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... alles hat seine Zeit ...

Beitrag von Paul A. »

Hallo,

in den "Blättern" der Rilke-Gesellschaft : "unter den großen Städten die sympathischste, duldsamste und weiteste" - Rilke und München", Insel, 2004, gibt es dazu einen sehr interessanten Vortrag nachzulesen, des Ungarn Ferenc Szász: München aus der Sicht Ewald Tragys, S. 32ff.

Nun gibt es in diesem Vortrag folgende Aussage: "...Wenn man die Erzählung Ewald Tragy und den Malte-Roman miteinander vergleicht, kann man feststellen, daß sie manche Parallelitäten aufweisen." - soweit stimme ich zu - und weiter: "Diese Parallelitäten können auch dazu beigetragen haben, daß Rilke dieses Jugendwerk nie veröffentlicht hat. "Nach dem Malte war es einfach überholt." (- Letzteres Zitat ist - so der Autor - A. Stahl zu verdanken . )Nun, ich bezweifele diese Aussage. Denn: Alles hat seine Zeit ... Wenn dem so wäre - und der "Malte" hätte tatsächlich den "Ewald" ersetzt , müßte man doch das gesamte Frühwerk des Autoren hinterfragen, denn Motive tauchen immer wieder auf und werden neu und weiter gedeutet .... Kann man nicht die Entwicklung eines Autoren als Gesamtheit sehen ? Und ist es dann nicht auch wichtig, interessant, das Frühwerk und auch seine - wenn auch skizzenhafte - Entwicklung zu kennen ... ? Darauf baut der Autor sein späteres Werk auf... Auch ein Rilke kann nicht sofort die "Duineser Elegien" schreiben, sondern fängt mit dem "Stundenbuch" an ... An anderer Stelle las ich, dass Rilke den "Ewald" nicht veröffentlichen wollte, da zu starke satirische Bezüge zu Zeitgenossen vorhanden waren . ... Das halte ich - persönlich - eher für den wahrscheinlichen Grund ...

Mich würde sehr interessieren, was Ihr dazu meint ...

Mit freundlichen Grüßen,
Paul A.
Fritz
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Beitrag von Fritz »

Hallo,

da wird man ganz konfus...: Paul, auf Deine Frage weiss ich keine Antwort.

Aber zumindest habe ich den "Ewald Tragy" jetzt auch gelesen und kann Euch aus meinen München Kenntnissen mitteilen, dass die Finkenstrasse unweit vom Cafe Luitpold - ein Künstlercafehaus, wie das Cafe Kranzler in Berlin - liegt, wo Ewald auch öfter hingeht und sich mit Herrn von Kranz trifft und der kleinen Kellnerin statt eines erwarteten Liebesbriefes ein Wohltätigkeitsbillett zusteckt . Paar hundert Meter nur weg von der Finkenstrasse...

Ob aber die Finkenstrasse schon zu Schwabing gehört , würde ich doch bezweifeln ?! Unklar - doch wohl eher zur Maxvorstadt - . Heute gibt es keine Nummer 17 mehr , aber viele neue Gebäude sind dazu gekommen . Da biste mittemang - fast wie aufm Kudamm ... - wie der Berliner sagt.

Was meinte denn Rilke dazu, dort zu wohnen ? War das nicht die Stadtwohnung von Loulou ?

Wer übrigens noch mehr über das Luitpold wissen will, klickt mal bei:

http://www.luitpoldblock.de :roll:

Liebe Grüße von Fritz :lol:
Gisela

Wohnungswechsel

Beitrag von Gisela »

Hallo,

1915 zieht Rilke von seiner Wohnung in der Finkenstrasse in die Widenmayerstrasse , in die Wohnung Hertha Königs, und schreibt darüber am 26. Juni 1915 an Marianne Mitford:

"...Hier bin ich versteckter und lasse, von meiner früheren Wohnung aus, das Gerücht, ich sei schon fort, zunehmen und gewähren; nur selten, in äußersten Fällen, straf ich`s Lügen, erscheine im Theater, wie vorgestern, als Büchner`s "Wozzek" im Residenz-Theater gegeben wurde, oder gestern in einem Vortrag..."

Die Widenmayerstrasse liegt an der Isar, große städtische Häuser, gegenüber des Englischen Gartens, unweit vom Friedensengel und der Villa Stuck ...

Liebe Grüße von Gisela :lol:

ps.: Thalmann übrigens - um noch mal auf "Ewald Tragy" zurück zu kommen - wohnt in Schwabing, in der Giselastrasse ...
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